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Mit zwei Rädern um die Ostsee

Ein Bericht von einer Fahrradtour im Spätsommer 1995


Dieser Reisebericht ist im Internet als HTML-Dokument http://www.heikopurnhagen.net/travel/ostse95b.html verfügbar. Eine Kurzfassung ist als http://www.heikopurnhagen.net/travel/ostsee95kurz.html verfügbar.

Weitere Fahrrad-Reiseberichte und Links zu diesem Thema sind unter der URL http://www.heikopurnhagen.net/travel/ zu finden

Viel Spaß beim Lesen wünschen

Carsten Stolzenbach <carsten.stolzenbach@gmx.de>
Heiko Purnhagen <mail@heikopurnhagen.net>

Inhalt


Intro

Eigentlich begann alles mit einem Fahrraddiebstahl... Doch bevor wir die Geschichte dieser Radtour von Anfang an erzählen, möchten wir die wichtigsten Punkte hier kurz zusammenfassen:

Der erste Teil der Tour führte uns (Carsten und Heiko) von Mitte August bis Anfang September von Rostock aus durch Dänemark und Schweden nach Göteborg und Stockholm und von dort weiter über die Åland-Inseln und durch Finnland nach Helsinki. Dort trennten sich dann unsere Wege. Während mich (Heiko) das nahende Ende meines Urlaubs die Heimreise mit Fähre und Bahn antreten ließ, radelte Carsten noch rund 2 Wochen durch Estland, Letland und Litauen und fuhr dann von Klaipeda aus mit dem Schiff nach Rügen. [Mit zwei Rädern um die Ostsee]

Insgesamt waren wir 2700 km bzw. 1600 km mit Rad und Zelt unterwegs und haben Sonne, Wind und Regen erlebt, Hügel, Pannen und Umwege hinter uns gebracht, Fährüberfahrten, Badeplätze und Saunen genossen und werden von alledem hier nun "etwas" ausführlicher zu berichten versuchen.

Vorgeschichte

Wie eingangs schon angedeutet, war ein Fahrraddiebstahl Anfang des Jahres der eigentliche Auslöser für unsere Fahrradtour. Im Zuge der so notwendigen Ersatzbeschaffung begann Carsten, die Vorteile des Datentrampelpfades auszunutzen und sich auf dem Internet nach Infos und Tips zum Thema Fahrräder umzusehen. Dabei muß er dann wohl irgendwann auch auf verschiedene Reiseberichte gestoßen sein. Zumindest erzählte er mir eines Tages von dem Bericht einer Ostsee-Umrundung, die unter anderem auch durch das Baltikum führte und ihn daher besonders interessierte (Erläuterung folgt später). Für mich als ausgesprochenen Skandinavien-Fan klang das alles ebenfalls ziemlich reizvoll, so daß ich mir diesen Bericht kurz darauf selbst zu Gemüte führte.

Da ich jedoch noch nicht genau absehen konnte, wann ich in diesem Sommer sechs der Urlaubswochen, die mir als Staatsbürger mit gutem Gewissen (d.h. Zivildienstleistender) zustehen, würde nehmen können, hat Carsten unsere Tour zunächst einmal unabhängig von mir für sich selbst geplant. Er steckte gerade in seiner Diplomarbeit und wollte sich dann nach deren Ende im Spätsommer auf den Weg machen. So habe ich im Laufe des Frühjahrs die Entwicklung seiner Touren-Pläne interessiert mitverfolgt. Später zeichnete sich dann ab, daß ich meinen Urlaub so würde nehmen können, daß wir zumindest den ersten Teil der Tour durch Deutschland, Dänemark und Schweden bis nach Stockholm, wo Carsten Freunde besuchen wollte, gemeinsam radeln könnten. Die weiteren Überlegungen zu unserer Fahrradtour und all dem, was dafür zu organisieren war (Zelt, Fahrradtaschen, Werkzeug, Reiseführer, Karten, ...) fanden dann in der Regel bei einigen pints of Guinness (some crisps with salt and vinegar flavour should be mentioned as well ;-) im Irish Pub statt.

Mitte Juli waren dann unsere Vorbereitungen soweit gediehen, daß wir uns am Montag, den 14. August, in Hannover auf unsere Räder schwingen und in einigen Tagen nach Rostock radeln wollten. Da ich schon ab Ende Juli Urlaub hatte, verkrümelte ich mich zunächst noch einmal mit der Bahn (und einem ScanrailTicket, auch für Leute über 25 nicht zu teuer) 'gen Norwegen und Schweden, genoß in Malmö eine Sauna auf einer Badebrücke am Öresund mit Panoramaussicht über ebenjenen, ließ mir eine Woche lang in den Schären um Tjøme (Oslofjord) auf dem Boot von Freunden von der Sonne den Rücken verbrennen und reiste dann noch eine Woche durch Norwegen und Schweden um im aufgrund des Wasserfestivals gerade total überlaufenen Stockholm zu landen. Außerdem nutzte ich die Gelegenheit, mich in Schweden mit den "röda kartan" zu versorgen, die wir für unsere Tour benötigen würden.

Als ich mich einige Tage vor meiner Rückkehr telefonisch bei Carsten meldete, meinte er, daß er wohl doch noch einige Tage länger als geplant an seiner Diplomarbeit sitzen würde, so daß sich unser Abreisetag aus Hannover etwas nach hinten zu verschieben begann. Ich war aber - um ehrlich zu sein - davon doch nicht all zu überrascht, genoß so einen wunderschönen Tag in den Stockholmer Schären und hatte dann in Hannover etwas mehr Ruhe beim Packen ...

Schlußendlich hat Carsten dann seine Diplomarbeit am Donnerstag, den 17. August, abgegeben und sich anschließend den Rest des Tages hauptsächlich mit dem Füllen seiner Fahrradtaschen und Packsäcke beschäftigt. Da wir etwa 1 1/2 Wochen später bei Carstens Freunden in Stockholm ankommen wollten, um dort noch einige Tage verbringen zu können, bevor diese Freunde selbst in den Urlaub fahren würden, wurde es jetzt etwas knapp mit der Zeit. Daher entschieden wir uns, auf den ersten Teil der Tour von Hannover nach Rostock zu verzichten und stattdessen am nächsten Morgen mit der Bahn nach Rostock zu fahren.

Dänemark

Freitag, 18. August: Rostock - Gedser - Stubbekøbing (69km)

Früh morgens trafen wir uns mit unseren vollbepackten Rädern im Hauptbahnhof von Hannover und warteten auf den InterRegio, der uns und unsere Räder via Hamburg nach Rostock bringen sollte. Die Reservierungen für die ja nur recht begrenzten Fahrradplätze im IR hatten wir einige Tage vorher zum Glück problemlos bekommen, abgesehen davon, daß etwas Überzeugungsarbeit notwendig war, um den Fahrkartenverkäufer und seinen Computer davon zu überzeugen, daß im Hamburger Hauptbahnhof ein Umsteigen mit vollbepackten Rädern innerhalb von 10 Minuten wohl nicht vernünftig möglich sein dürfte und wir daher lieber mit dem nächsten Zug eine Stunde später weiterfahren wollten.

Nach insgesamt etwa 5 Stunden Fahrzeit kamen wir dann in Rostock an. Und als wir endlich unsere Räder samt Gepäck durch eine Menge Kids hindurch, die mit einer faszinierenden Rücksichtslosigkeit den Zug enterten, auf dem Bahnsteig versammelt hatten, durften wir unsere vollbepackten Räder erst einmal etliche Treppenstufen 'runter und wieder 'rauf tragen. Nachdem wir uns auf einem öffentlichen Stadtplan einen Weg zu Rostocker Seehafen herausgesucht hatten, konnte unsere Radtour dann auch richtig beginnen. Nach rund 13 km, die uns teilweise auch über Sandwege führten, die uns schon fast nicht mehr daran zweifeln ließen, daß wir uns verfahren hatten, erreichten wir dann doch gegen 14:00 Uhr das Fährterminal. Die Fähren fahren übrigens nur noch von Rostock-Seehafen aus. Die Strecke von Rostock-Warnemünde nach Gedser wurde mittlerweile eingestellt.

Unsere Fähre, ein älteres dänisches Fährschiff, war zum Glück nicht zu voll - und so genossen wir dann die rund zweistündige Überfahrt bei wirklich traumhaftem Wetter: strahlend blauer Himmel, warme Luft und etwas Wind. Zunächst hatten wir vor, einen der an der Ostküste Falsters gelegenen Campingplätze anzusteuern, aber unser Versuch, einen kleinen Pfad an der Ostküste entlang zu radeln, scheiterte leider: gesperrt wegen Waldbrandgefahr. Und auf dem Dünenweg direkt am Strand war das Radfahren nicht nur verboten sonder aufgrund des feinen Sandes auch absolut unmöglich. So entschlossen wir uns dann - teilweise einem Routenvorschlag in unserem Fahrradreiseführer folgend, nach Stubbekøbing im Norden Falsters zu radeln. Nach unserem vergeblichen Abstecher nach Birkemose führte uns unser Weg durch Gedesby, Skeleby, Marrebæk, ein Stück längs der E55 und weiter durch Væggerløse, Ørslev, Kirkeby, Horbelev, Maglebrænde und durch Liselund nach Stubbekøbing.

Um möglichst wenig Autos neben uns zu haben, haben wir viele recht kleine Straße benutzt, die aber praktisch alle gut asphaltiert und befahrbar waren. Das Wetter war richtig schön geblieben, so daß ich die ganze Zeit mit nacktem Oberkörper radeln konnte, während Carsten seinen Diplomarbeits-blaßen Rücken dann doch mit einem T-Shirt von der Sonne schützen wollte. Erfreulicherweise machten wir mit unseren Rädern gute Fahrt (ähm ... für Landratten: wir kamen zügig voran) und daß trotz der rund 30 kg bzw. 25 kg Gepäck, die Carsten und ich an unseren Rädern befestigt hatten. Ich hatte mein Gepäck auf zwei an Lowridern befestigten Packtaschen ("front-roller") vorne sowie zwei Packtaschen ("back-roller") und einem quer darauf liegenden Packsack hinten verteilt. Carsten hatte vorne zusätzlich eine Lenkertasche mit einer sich als sehr praktisch erweisenden Kartenhülle sowie hinten einen zweiten Packsack für unser Zelt, aber auch ein etwas leichteres und besseres Fahrrad. Und während wir uns für den gemeinsamen Teil unserer Tour Dinge wie Nahrungsmittel, Kocher, Werkzeug, Karten, Bücher, ... aufteilen konnten, mußte er ja im Baltikum dann alles alleine mitnehmen.

Nachdem uns die letzen Kilometer dieser Etappe ein farbenprächtiger Sonnenuntergang begleitete, erreichten wir dann gegen 20:45 Uhr praktisch ohne Suchen zu müssen den angestrebten Campingplatz. Auch wenn die Rezeption offiziell wohl schon geschlossen hatte, wurden wir dennoch freundlich empfangen und durften uns einen Zeltplatz recht dicht am Strand aussuchen. Nachdem wir unser Zelt aufgebaut und unser Gepäck verteilt hatten, hatte Carsten die Chance, die Fähigkeiten seines Kochers (Tangria mit Gaseinsatz, ein wirklich praktisches System) anhand der Zubereitung von Suppe, Nudeln und Soße zu demonstrieren. Nachdem ich Carsten zu einem nun schon nächtlichen Bad in der Ostsee überredet hatte und wir dann das über 20 Grad warme Meerwasser genossen hatten (dänische Ostseestrände sind übrigens immer sehr flach), erwies sich, als wir danach noch etwas vor unserem Zelt hockte, die wenige Tage zuvor organisierte Kerzen-Laterne ebenfalls als ein doch ziemlich durchdachter Gegenstand. Wir veschwanden dann aber auch irgendwann in unseren Schlafsäcken und nahmen uns vor, am nächsten Morgen um acht Uhr aufzustehen ...

Sonnabend, 19. August: Stubbekøbing - Møns Klint - Vemmetofte (122km)

Gut - das Aufstehen verzögerte sich natürlich etwas, aber nach einem Morgenbad im Meer, einem gemütlichen Frühstück vor'm Zelt (mit frischer Milch für's Müsli und frischen, nicht ganz billigen Brötchen) machten wir uns dann an's Zusammenpacken. Beim Auschecken hat die Frau an der Rezeption dann ein Auge zugedrückt (denn eigentlich hätten wir eine dänische Camping-Karte haben müssen), so daß uns diese Nacht dann etwa DKK 80,- (40,- pro Person) gekostet hat. Außerdem habe ich beim Auschecken gemerkt, daß ich mit meinem Norwegisch im dänischen Sprachraum zwar halbwegs durchkommen kann, daß sich aber die verbale Kommunikation doch etwas holperig gestaltet. Denn obwohl die beiden Schriftsprachen einander sehr ähnlich sind, so hat das Dänische doch eine etwas eigene Aussprache, die - je nach Standpunkt - mit einem Adjektiv irgendwo zwischen "gemütlich" und "genuschelt" charakterisiert werden kann ;-).

Etwa um 10:30 Uhr kamen wir dann endlich los - und die folgenden Tage sollten zeigen, daß zwischen Aufstehen und Abfahren selten deutlich weniger als zwei Stunden vergehen würden. Aber wir wollten ja nicht nur eine Fahrradtour sondern eigentlich auch einen Fahrradurlaub machen - und da gehören dann Morgenbad und gemütliches Frühstück irgendwie mit dazu.

Wir fuhren zunächst zum Fähranleger von Stubbekøbing, von wo aus uns dann eine kleine Autofähre zur gegenüberliegenden Insel Bogø bringen sollte. Die Überfahrt mit der Fähre, die zu dieser Tages- und Jahreszeit etwa stündlich verkehrt, dauerte rund ein halbe Stunde und kostete uns je etwa DKK 32,- (pro "Fahrrad mit Fahrer", wie es der Fahrkartenverkäufer so schön formulierte). Auf der Fähre kamen wir mit einem älteren australisch-dänischen Paar ins Gespräch, die in zwei Monaten von Spanien aus durch Europa geradelt waren ...

Auch wenn Møns Klint den eindrucksvollsten Anblick immer noch dann bietet, wenn man es in der in der Morgensonne von See aus betrachtet, so hatten wir beide große Lust, einen Abstecher dorthin zu unternehmen. So radelten wir von Bogø aus über den Damm nach Møn und dann auf kleinen Straßen durch Damme, Frenderup, Tøvelde, Busemarke bis zum Store Klint. Und auch wenn es häufig nur einige 10 Meter Höhenunterschied waren, so merkten wir doch, daß Møn etwas hügelig ist. Und die letzten Meter der Sandpiste, die zum auf rund 120 Meter gelegenen Store Klint führt, haben wir geschoben. Oben angekommen, suchten wir uns eine ruhige, schattige Ecke direkt an der Abbruchkante der Klippe und genossen die Brombeeren und die Karotten, die wir vorher bei einem kleinen Verkaufsstand an Straßenrand erstanden hatten. Solche kleinen Selbstbedienungs-Stände (Geld in die Kasse legen und Ware mitnehmen) finden sich bei vielen dänischen Bauernhöfen - in anderen Ländern haben sie sich aber leider noch nicht richtig durchgesetzt. [Brombeeren 15 Kronen]

Nach diesen eineinhalb Stunden Mittagspause - wir wären gerne länger geblieben, wollten aber am nächsten Abend schon in Helsingør ankommen - ging es dann weiter. Doch schon als wir auf der nicht ganz schlaglochfreien Sandpiste Møns Klint wieder verließen, stellte sich das erste ernsthaftere technische Problem ein: Während eines zügig durchfahrenen Schlagloches ließ sich irgenwo im Bereich meines Vorderrades ein Knacken vernehmen, und kurz darauf bemerkte ich auch, daß einer meiner beiden Lowrider relativ wackelig zu sein schien. Es zeigte sich, daß der Lowrider direkt an der Befestigungsöse gebrochen war, mit der er neben der Vorderradachse an der Gabel verschraubt war und damit ein vom Standpunkt der Mechanik aus sehr nachvollziehbares Verhalten an den Tag gelegt hatte. Die "Sollbruchstelle" war halt dem durch die Schlaglöcher hervorgerufenen seitlichen Schwingen der Lowrider unterlegen gewesen. Mittels Draht und Zange (die - neben Kabelbindern - bei einer solchen Radtour unbedingt zum Werkzeug gehören) ließ sich das Problem provisorisch beheben und das Risiko, daß die Lowrider bei zu starken Schwingungen in die Speichen des Vorderrades kommen könnten, verringern. Aber auch wenn mir solche improvisierte Basteleien durchaus Spaß machen, so war ich doch von der Qualität der Lowrider etwas enttäuscht. (Fortsetzung folgt ;-)

Wir radelten nun weiter durch Liselund, Borre und Stege zur Brücke über den Ulvsund. Den größten Teil dieser Strecke fuhren wir auf der 287 bzw. der 59, was sich als recht problemlos herausstellte und, zusammen mit Rückenwind und einem leichten Gefälle, zu einer angenehm hohen Durchschnittsgeschwindigkeit führte. Von Kalvehave ging es dann weiter durch Viemose und Mern. Auf diesem Stück mußte Carsten dann doch den langen Wochen am Computer und den recht hohen Temperaturen seinen Tribut zollen. Nach einer kurzen Döspause im Schatten ging es dann aber wieder. Wir fuhren vorbei an Præstø, auf der 209 bis nach Vindbyholt und dann weiter nach Fakse Ladeplads. Der Campingplatz dort machte keinen sehr einladenden Eindruck, da praktisch nur Dauercamper zu sehen waren und er direkt an der Hauptstraße lag. Wir entschieden uns daher, noch etwa 6 km weiter entlang der Küste bis nach Vemmetofte Strand zu fahren. Auch wenn wir dabei einen kleinen Umweg über Vemmetofte machen mußten und erst gegen 20:15 Uhr ankamen, so stellte sich diese Entscheidung doch als sehr gut heraus. Der Campingplatz dort war zwar groß aber schön angelegt. Und das abendliche Bad in der Ostsee war keine 100 m entfernt ...

Sonntag, 20. August: Vemmetofte - Køge - Hedehusene - Helsingør (127km)

Nach dem Morgenbad ging es weiter in Richtung Norden über Karise nach Køge. Da wir uns den Weg durch København sparen wollten, um nach Helsingør zu kommen, bogen wir in Richtung Roskilde ab und fuhren über Havdrup und Tune nach Hedehusene, wo wir uns in brütender Mittagshitze mit einem Eis etwas Abkühlung versprachen.

Da diese aber natürlich nur temporär war und wir diesen Tag ja noch ein gutes Stück vor uns hatten, ging es recht bald weiter. Der Fahrstreß hatte bereits begonnen ... Auf kleinsten Straßen fuhren wir über Stenløse und Lynge nach Lillerød, von wo wir uns wieder an die Küste des Øresund zurückwagten. Ab Kokkedal ging es durch die sehr schönen Badeorte Humlebæk und Espergærde nach Helsingør.

Dort schlugen wir dann auf dem im Norden der Stadt gelegenen Campingplatz ("verkehrsgünstige Lage") unser Zelt auf. Nachdem einige Grundbedürfnisse (Baden, Duschen, Essen) befriedigt worden waren, machten wir noch abends mit den Rädern dann noch eine kleine Tour durch Helsingør. Irgendwie war das ein ganz ungewohntes Lenk- und Fahrgefül, so ganz ohne Gepäck am Fahrrad ...

Schweden

Ab hier alles weitere von Carsten:

Montag, 21. August: Helsingør - Helsingborg - Mellbystrand (84km)

Nach den sehr anstrengenden beiden letzten Tagen ließen wir es an diesem Morgen etwas ruhiger angehen. In Helsingør aßen wir zunächst auf meinen Wunsch noch einen echt dänischen Hot Dog, bevor es auf eine der Riesenfähren rüber nach Helsingborg ging. [Helsingør - Helsingborg]

Auch in Helsingborg angekommen stand uns der Sinn irgendwie noch nicht nach Weiterfahrt. Zunächst kauften wir noch ein und statteten unsere Räder mit einem zweiten Halter für eine Trinkflasche - nebst selbiger - aus. [Für mich war's der erste Trinkflaschenhalter ... denn ich wollte nicht immer bei Carsten betteln müssen. - Heiko]

Als es dann irgendwann doch losging, folgten wir der Beschreibung einer Etappe aus dem Radreiseführer Südschweden per Rad. Durch Weizenfelder hindurch ging es über Mjöhult nach Ängelholm. Zwischen Farhult und Utvälinge führt die Straße direkt am Skälderviken, einer Bucht des Kattegatt, entlang. Hier entdeckten wir in Häljaröd ein kleines Gartencafe mit Blick aufs Wasser. Aus der Küche des Hauses konnte man sich Getränke, Kuchen und Eis besorgen und dann unter schönen ausladenden Bäumen den Blick und das Wetter genießen. Absolut empfehlenswerter Ort!

Zwischen Ängelholm und Båstad folgten wir ausschließlich der 105. Diese muß kurz vor Båstad den Höhenzug des Hallandsås überqueren - und wir mit ihr! Unsere erste richtige Steigung - mal von Møn abgesehen - forderte mit gut 150 Höhenmetern auf kurzer Strecke so manchen Schweißtropfen. Und als man dachte, man hätte es geschafft, ging es hinter einer Kurve doch noch ein Stück weiter hoch. Dafür war die Abfahrt einfach spitze. Es ging fast noch steiler herunter, so daß wir in hohem Tempo innerhalb weniger Minuten die gewonnene potentielle Energie verbraten hatten und uns in Båstad wieder auf Meereshöhe wiederfanden!

Durch endlose Ferienanlagen fuhren wir weiter nach Mellbystrand, wo wir ganz am Ende des Ortes auf einem schönen Campingplatz kurz hinter den Dünen Quartier bezogen. Das abendliche Bad im Meer hatten wir uns wahrlich verdient. Spät abends machten wir dann noch einen langen Spaziergang am endlosen Strand von Mellby entlang.

Dienstag, 22. August: Mellbystrand - Halmstad - Falkenberg - Varberg (120km)

Das schöne Wetter schien kein Ende nehmen zu wollen! Nach Mellbystrand ging es zunächst ein kleines Stück auf einem Radweg parallel zur E6, die wir schließlich unterquerten. Von hier bis Göteborg folgten wir fast ausschließlich dem "Ginstleden", einem ziemlich gut ausgeschilderten Fahrradweg entlang der Küste, der Hauptstraßen meist meidet. [Ginstleden verlassen verboten]

Nach einer kurzen Pause in Halmstad fuhren wir weiter nach Gullbrandstorp. Ab hier führte der Weg auf einer ehemaligen Bahntrasse fern ab jeden Verkehrs nach Harplinge. Alte Bahntrassen zu Fahrradwegen umzufunktionieren ist sicher eine gute Idee, die sich die Deutsche Bahn angesichts vieler Streckenschließungen (wenn diese schon unbedingt als nötig erachtet werden) auch mal überlegen sollte ...

Zwischen Harplinge und Falkenberg wurde die Strecke wieder etwas hügeliger. Bei Eftra nach einer etwas schnelleren Abfahrt löste sich dann Heikos provisorisch geflickter Lowrider wieder. So nutzten wir die Mittagspause in einem kleinen Waldstück zur erneuten Reparatur. Dabei kam Heiko zugute, daß es auch in Schweden Umweltsäue gibt, die ihren Müll einfach im Wald abladen. Heiko entdeckte nämlich im Unterholz einen alten Gartenstuhl, dessen hintere untere Querstange (8mm Rundstahl) er ausbaute. Mittels einer Feile teilte er diese Stange dann in der Mitte und stabilisierte seine beiden Lowrider mit diesen Stangen so gut, daß das Thema Lowrider für ihn in diesem Urlaub vergessen werden konnte. Man muß sich nur zu helfen wissen ... [Inzwischen habe ich die defekten Lowrider ersetzt und bei den (baugleichen) neuen von Anfang an eine entsprechende Zusatzstrebe (Leichtbauweise: Alu ;-) montiert ... nichts hält länger als ein gutes Provisorium. - Heiko] [Heikos Low-Rider-Flickwerk]

Kurz hinter Falkenberg überkam mich die große Lust auf ein Eis. Also fuhren wir - nach einem Eisverkauf Ausschau haltend - entlang der Küstenstraße nach Glommen und weiter bis nach Varberg, ohne daß ich meinen Gelüsten hätte nachgeben können. Alle Eisstände und Kioske - selbst auf Campingplätzen - waren geschlossen!

Kurz vor Varberg verließ der Fahrradweg die Straße und führte parallel zur Bahnlinie direkt entlang der Küste an schönen Stränden vorbei und durch den Hafen in die Stadt. Und dort gab es dann auch endlich das ersehnte Eis! Dieses war allerdings auch so gut, daß sich das lange Warten durchaus gelohnt hatte!

Zum Campingplatz fuhren wir bis zum nördlichen Rand Varbergs und dort auf die Halbinsel Getterön. Ein wunderschöner Platz mit schöner, felsiger Badestelle und einer Sauna, von der wir natürlich gleich Gebrauch machten! Abends ging es dann noch auf ein Eis und ein Bier nach Varberg rein.

Mittwoch, 23. August: Varberg - Göteborg (99km)

Hinter Varberg führte uns der Ginstleden zunächst neben der Bahnline bis nach Tångaberg und dann weiter auf der Küstenstraße. Kurz vor Kungsbacka kreuzten wir dann die Bahnlinie und die E6/E20 und fuhren in einem Bogen hoch nach Fjärås, von wo man einen sehr schönen Blick hat, und wieder herunter nach Kungsbacka. Von hier aus ging es zurück zur Küste und ab Billdal direkt durch die verschiedenen Badevororte Göteborgs mit Blick auf die Schären. [Bike and Rail]

Aufgrund des Wetters war an den Badestellen sehr viel Betrieb und auch den Weg hatten wir nicht gerade für uns alleine. Der Fahrradweg ins Zentrum Göteborgs war hervorragend ausgeschildert, so daß wir schon recht bald dort waren. Nachdem ich Geld abgehoben hatte, machten wir uns zunächst auf zum Campingplatz in Örgryte. Abends fuhren wir dann zurück in die Stadt und gönnten uns nach einem längeren Bummel durch City und Hafen noch ein etwas teures Guinness - siehe Vorgeschichte! Als wir dabei einen Blick auf die noch zurückzulegende Strecke bis nach Stockholm wagten, entschieden wir uns, doch keinen Pausentag in Göteborg einzulegen, sondern gleich am nächsten Morgen weiterzufahren.

Donnerstag, 24. August: Göteborg - Trollhättan - Lidköping (163km)

Daß dieses die längste Etappe unserer Tour werden würde, hatten wir uns morgens beim Aufbruch in Göteborg auch nicht gedacht. Da es in der Nacht den ersten Regen unserer Tour gegeben hatte, war die Temperatur mittlerweile sehr erträglich geworden, bzw. zunächst fast schon als kühl zu bezeichnen. Zunächst ging es einige Kilometer durch ein Industriegebiet in Richtung Norden aus der Stadt hinaus. Bis Kungälv führte uns dann der Weg entlang einer kleinen Nebenstraße parallel zur E6. [Frühstück in Göteborg]

In Kungälv überquerten wir den Nordre Älv und fuhren zunächst auf einem kleinen Weg westlich des Göta Älv, der Verbindung zwischen Vännern und Ostsee.

Nach zehn Kilometern ging es dann auf einer leider etwas stärker befahrenen Straße weiter. Da wir Rückenwind hatten, gingen uns die gut 80 km bis Trollhättan trotz einiger Steigungen recht locker von den Pedalen. So waren wir bereits am frühen Nachmittag dort und machten auf einem großen Felsen beim Sperrwerk eine ausgiebige Pause. Ein Vergleich zwischen Straßenkarte und Campingführer ließ uns eigentlich nur zwei Möglichkeiten für den weiteren Verlauf des Nachmittags: entweder bereits hier Quartier beziehen oder nochmal die gleiche Strecke dranhängen und bis zum nächsten Campingplatz nach Lidköping radeln.

Da wir uns durch die Rückenwindtour am Vormittag noch recht fit fühlten und außerdem vorhatten, bereits in fünf Tagen in Stockholm zu sein, entschieden wir uns für die zweite Alternative. Wir hofften, dadurch später vielleicht noch einen Pausentag einlegen zu können. Klarer Trugschluß!

Also ging es zunächst in Richtung Vargön - wobei wir erstmal eine gute halbe Stunde verloren, weil wir in Trollhättan nicht die richtige Ausfallstraße fanden - und zwischen den beiden Hochplateaus Hunneberg und Halleberg (zwei Reservate für seltene Tierarten) hindurch weiter. Gegen Abend, als die Sonne schon tiefer stand und für ein warmes Licht sorgte, leuchteten die Weizenfelder, durch die wir zwischen Flo und Såtenäs fuhren, besonders schön. Irgendwie hatte uns das Rennfieber gepackt und wir düsten im Windschatten mit teilweise an die 30 km/h die Straße entlang. Als ich gerade hinter Heiko herfuhr, fiel mir auf, daß sein Hinterrad recht stark eierte. Ihm war eine Speiche durchgebrochen - natürlich auf der Seite des Zahnkranzes! Glücklicherweise hatte er Drahtersatzspeichen mit auf die Reise genommen, mit denen er die gebrochene Speiche provisorisch ersetzen konnte, ohne dafür seinen Zahnkranz demontieren zu müssen. [Achtung! Elchwechsel!]

Als wir in Lidköping gegen 22 Uhr ankamen, dämmerte es bereits stark und wir mußten unser Zelt im Halbdunkeln aufbauen. Nach dieser Tour gönnten wir uns erstmal eine kräftig fettige Portion Fischstäbchen und genügend Bier.

Freitag, 25. August: Lidköping - Mariestad - Vassbacken (89km)

Morgens fuhr Heiko erstmal alleine los, um eine Werkstatt mit einem Schraubstock zu finden, an dem er seinen Zahnkranz zwecks Speichenwechsels demontieren konnte. [Es lohnt sich, den passenden Zahnkranz-Abzieher dabei zu haben, denn ein solider Schraubstock (skruvstäd) zum Festspannen des Abziehers sollte beim nächsten Bauern oder in der nächsten (Auto-)Werkstatt/Tankstelle zu finden sein. - Heiko] Als bei ihm alles wieder schön gerade lief, ging es weiter in Richtung Mariestad zunächst entlang der Kinneviken-Bucht, dann über den Kinnekullen nach Gössäter. Auf dem Weg erwischte uns der erste Regen unserer Tour - der Spätsommer war wohl erstmal vorbei!

Diesen Morgen knackte es dann an meinem Fahrrad und auch bei mir waren zwei Speichen gebrochen - es konnte ja auch nicht angehen, daß nur an Heikos Fahrrad etwas kaputt geht. So fuhren wir entgegen unserer Planungen nach Mariestad und suchten einen Fahrradhändler auf, der mir das Ritzel mit Hilfe einer Kettenpeitsche (schwedisch: "piskan") demontierte, mir neue Speichen einzog und auch noch das Rad zentrierte - kostenlos! [Der erste Kommentar des Mechanikers in dieser Fahrradwerkstatt war übrigens: "För tung lastad?" (Zu schwer beladen?) ... bei rund 30 kg eingentlich keine unpassende Frage. - Heiko]

Von Mariestad fuhren wir weiter in Richtung Ullervad und über einen kleinen Feldweg durch mooriges Gebiet nach Trästena. Da wir morgens recht viel Zeit verloren hatten, suchten wir bereits in der Nähe von Fägre an einem Übergang über den Göta Kanal, der hier Vännern und Vättern miteinander verbindet, einen Campingplatz auf.

Hier bekamen wir erstmalig auf unserer Tour die Jahreszeit zu spüren - es war kaum noch etwas los auf dem Platz. Zwei oder drei Dauercamper in ihren Wohnwagen und wir waren die einzigen Gäste. Abends wurde es dann aber doch nochmal laut: ein Ausflugsdampfer kam den Göta Kanal entlang. Mitten aus der absoluten Dunkelheit erschien ein hellbunt beleuchtetes Schiff von dem laute Musik und Stimmen durch die Nacht hallten. Eine schwimmende Party! An der Schleuse ein lautes "Hallo" und dann waren sie schon wieder weg und man konnte sie nur noch einige Minuten verschwinden hören, bis uns Dunkelheit und Ruhe wieder ganz eingenommen hatten. Ein fast gespenstisches Erlebnis ...

Nachts erwischte uns ein wirklich heftiges Gewitter. Jetzt zeigte sich, daß sich die Investition in ein etwas teureres Zelt ("Space III" von VauDe) gelohnt hatte - kein Tropfen kam durch!

Sonnabend, 26. August: Vassbacken - Askersund - Hallsberg - Tisarenstrand (108km)

Der Morgen begrüßte uns frisch gewaschen. Zwar schien die Sonne, aber die Temparaturen waren nochmal ein gutes Stück zurückgegangen. Nachdem Heiko die erste Nacht unserer Tour, die nicht von zweimaligem (hier fehlt eine gehässige Umschreibung für "Baden" ...) eingerahmt wurde, gut überstanden hatte, führte uns der Weg über Halna am Viken entlang nach Undenäs und weiter am Ufer des Unden nach Tived. Je weiter wir ins Hinterland kamen, desto ruhiger wurde es. Teilweise trafen wir für eine Stunde und mehr auf kein Auto. Da es nicht mehr ganz so heiß war, ließen sich auch die jetzt immer öfter auftretenden Steigungen recht gut bewältigen. Außerdem waren wir mittlerweile in Form ... [Achtung! Igelwechsel!]

In Tived ging es dann wieder weg vom See und kilometerlang nur durch Wald, ohne eine Menschenseele zu treffen. Dieser Tag war mit Sicherheit der ruhigste unserer Tour. Man mußte sich nicht auf den Verkehr konzentrieren, sondern konnte seinen Gedanken nachhängen und die - allerdings etwas eintönige - Landschaft genießen. Die Kleinstadt Askersund kam uns da schon fast wie eine pulsierende Metropole vor! In einem Bogen über Hallsberg fuhren wir von dort aus zu einem Campingplatz am Nordufer des Tisaren.

Abends nervten uns dann erstmalig so richtig die Mücken, die man so mit dem schwedischen Innenland assoziert. Da es jetzt auch schon recht kühl wurde, verzogen wir uns bald nach dem Essen ins Zelt und genossen das obligatorische Bier in den Schlafsäcken. Die Kerzen-Laterne machte sich immer mehr bezahlt.

Sonntag, 27. August: Tisarenstrand - Fiskeboda (70km)

Es ging weiter in westlicher Richtung nach Svennevad. Auf halber Strecke zwischen Svennevad und Kilsmo war es dann soweit: wir hatten die ersten 1000 km hinter uns! Vor der Tour hätten wir uns auch nicht träumen lassen, daß wir gerade mal neun Tage dafür brauchen würden.

Kurz vor Kilsmo mußten wir dann unsere geplante Tagesroute etwas umstellen. Kurz hinter einem Bahnübergang mitten im Wald wurden wir an einer Polizeisperre aufgehalten. Am Tag zuvor wurde nämlich wohl in Katrineholm eine Bank ausgeräumt und man vemutete die Bankräuber "irgendwo" im Waldgebiet zwischen Kilsmo und Vingåker. Na ja, nichts für ungut, aber die Polizei wird bei der Suche nach diesen Räubern genauso viel Erfolg gehabt haben, wie bei der Suche nach den Mördern Olof Palmes ...

Nach einer kurzen Diskussion mit den Polizisten durften wir immerhin bis nach Kilsmo fahren, wo wir in Richtung Norden abbogen. So trafen wir bereits sehr viel früher als geplant am Ufer des Hjälmaren auf die Hauptstraße 52, die wir in westlicher Richtung befuhren. Nach den Tagen des sehr ruhigen Verkehrs mußten wir uns erstmal wieder daran gewöhnen, hintereinander her am rechten Straßenrand fahren zu müssen. Nach Läppe, wo 52 in Richtung Vingåker den Hjälmaren verläßt, fuhren wir weiter am See entlang auf der 214, die bereits wieder sehr viel ruhiger war.

An der Stelle, an der die 214 die Hjälmarenküste in Richtung Äsköping verläßt, bogen wir links ab und steuerten einen Campingplatz auf der kleinen Halbinsel Fiskeboda an. Obwohl wir noch recht früh dran waren, hatte der Empfang bereits geschlossen und sollte erst am nächsten Mittag um 12 Uhr wieder öffnen. Da sich auf dem Platz niemand fand, der etwas offizieller aussah, wir aber auch keine Lust hatten, zum nächsten Campingplatz im ca. 50 km entfernten Malmköping zu fahren, suchten wir uns eine abgelegene Stelle am Strand, der zu dem Campingplatz gehörte, und bauten dort unser Zelt auf. [Ein grünes Zelt pflegt seiner natürlich Umgebung in der Regel farblich gut angepaßt zu sein ... - Heiko]

Montag, 28. August: Fiskeboda - Mariefred (103km)

Da uns bis morgens niemand auf dem Zeltplatz angesprochen hatte und der Empfang immer noch nicht geöffnet war, machten wir uns ohne zu bezahlen auf den Weg. Zunächst fuhren wir ca. 30 km weiter auf der wenig befahrenen 214 bis nach Hållsta.

Danach ging es noch einmal quer durch endlose Wälder nach Mariefred, dem Ort, in dem Schloß Gripsholm steht. Wir hofften, am nächsten Tag von hier aus mit einem alten Dampfschiff Stockholm erreichen und somit dem Stadtverkehr entgehen zu können. Leider fuhr das Schiff nur spätnachmittags nach Stockholm zurück, so daß wir wohl doch noch den Weg per Fahrrad auf uns nehmen mußten.

Der Abend wurde erstmals so richtig kalt und ich spürte, daß ich mir eine kleine Erkältung zugezogen hatte. Gut, daß ein paar Tage Ruhe in Stockholm vor uns lagen. [Ich konnte mir natürlich das Abendbad im Mälaren nicht verkneifen. Schon gar nicht bei einem Ponton mit Sprungturm und Blick auf Schloß Gripsholm. Nur leider war die anschließende Dusche anfangs nur lauwarm und wurde dann immer etwas kälter, so daß ich mich anschließen in vollen Klamotten für 'ne halbe Stunde in meinem Schlafsack verkrümelte. - Heiko]

Dienstag, 29. August: Mariefred - Södertälje - Stockholm (80km)

Zunächst mußte aber noch der letzte Rest nach Stockholm bewältigt werden. Eigentlich konnte das ja nicht mehr besonders viel sein - dachten wir. Bis Södertälje konnten wir noch auf recht ruhigen Nebenstraßen parallel zur E20 fahren. Ab Södertälje wurde es dann aber trotz der Blå Kartan im Maßstab 1:100000 schwer, noch gut zu befahrene Fahrradwege zu finden. Zunächst hatten wir aber überhaupt Probleme, den gewünschten Weg zu nehmen. Die Ausschilderung in Södertälje war so abgrundtief schlecht, daß wir mindestens eine halbe Stunde durch mehrere Gewerbegebiete irrten, bis wir die gewünschte Straße fanden. Bis heute haben wir keine Ahnung, wo wir da nun wirklich langefahren sind. [Carsten beim Kochen]

Zu allem Überfluß fing es nun auch noch zu regnen an. Irgendwann war dann der Fahrradweg ins Zentrum wieder ganz gut ausgeschildert, wenn gleich die Beschilderung hier keinem Vergleich mit der in Göteborg standhalten konnte. So gegen 16 Uhr und nach doch unerwarteten 80 Tageskilometern erreichten wir dann die Wohnung von Kirsten, einer langjährigen Freundin von mir, die wir in Stockholm besuchen wollten.

Nach zwei Wochen in freier Natur war es recht ungewohnt für uns, wieder in einem Wohnzimmer platznehmen zu müssen. Der erste Teil unserer Tour war erstmal vorbei und wir waren schon sehr stolz auf das bisher geleistete, als wir zwei der Bewegung in freier Natur auch nicht abgeneigten und staunenden Menschen von den über 1200 km in nicht einmal 12 Tagen erzählen konnten. Wobei uns dabei nochmal so richtig klar wurde, welch Kilometerfresserei wir betrieben hatten ...

Stockholm

Nach den sehr fahrradintensiven Tagen zuvor waren die Tage in Stockholm eine nette Abwechslung. Heiko und ich machten uns tagsüber meist getrennt voneinander auf den Weg und erkundeten die Stadt. Hierbei machten wir die Erfahrung, wie einfach man sich auch in einer fremden Stadt bewegen kann, wenn man sein Fahrrad dabei hat und nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist.

In Stockholm kaufte ich mir dann auch eine eigene "piskan", damit ich bei weiteren Speichenbrüchen auf der Zahnkranzseite selbständig meinen Zahnkranz demontieren konnte. Es war nicht davon auszugehen, daß ich im Baltikum einen Fahrradhändler mit einer Kettenpeitsche finden würde ...

An den Abenden waren dann Aktivitäten mit Kirsten und Roberth, ihrem Freund, angesagt. Gerade nach der Stille auf der Tour von Göteborg nach Stockholm war es sehr angenehm, sich mal wieder mit anderen Menschen zu unterhalten - zumal, wenn es sich dabei um sehr nette Freunde handelt!

Während der Tage in Stockholm entschied sich, daß Heiko wegen einer Familienangelegenheit nach Hause mußte und zunächst nicht mehr mit mir weiterfahren konnte. Er war aber verrückt genug, sein Fahrrad und Teile des Gepäcks in Stockholm zu lassen, um nochmals wiederzukommen, um mich fünf Tage lang bis Helsinki zu begleiten. So wollte ich erstmal alleine auf die Åland-Inseln fahren, von wo Heiko mich dann ein paar Tage später abholen sollte.

Sonnabend, 02.09. Stockholm - Ljüsterö - Furusund - Kappelskär (90 km)

Nachdem ich Heiko am Freitag abend zum Zug gebracht hatte, machte ich mich am frühen Sonnabend Morgen auf den Weg zum Fähranleger der Waxholmsbolaget. Dieses ist die Schiffsflotte, die von Stockholm aus zu fast jeder der vorgelagerten Inseln im Schärengarten fährt. Ich wollte eine schöne Bootstour durch die Inseln mit dem angenehmen Umstand verbinden, mir den Stockholmer Stadtverkehr ersparen zu können und erst außerhalb der Stadt losfahren zu müssen.

Das erste Boot sollte morgens um acht losgehen. An Bord traf ich einen Mann, der wie ein Ebenbild von Bud Spencer aussah: kräftige Statur und ein leicht zerzauster Vollbart. Er lud mich zum Kaffee aus seiner Thermoskanne ein und erzählte mir seine Geschichten. Auch wenn nur die Hälfte wahr gewesen sein sollte, es war hochinteressant und meistens sehr lustig. Er sei Franzose, erzählte er und hätte am Algerienkrieg teilgenommen. Irgendwann sei er auf die andere Seite gewechselt und hätte gegen die Franzosen gekämpft. Danach hatte er dann für längere Zeit in Moskau, in der DDR und für kurze Zeit auch in Hamburg gelebt, bevor er nach Stockholm kam. Hier lebt er nun schon einige Jahre, arbeitet als Sozialarbeiter und hat eine kleine Hütte auf einer Insel, in die er sich gerne zurückzieht, um Kurzgeschichten zu schreiben.

Als er erfuhr, daß ich aus Bremen kam, krümte er sich fast vor Lachen auf dem Boden, weil ihn die Bremer Stadtmusikanten an eine Geschichte erinnerten, die er mir zwar erzählte, die ich aber ganz bestimmt erst nach 22 Uhr wiedergeben werde (wenn die Kinder schlafen ...).

Ach ja, und dann war da ja noch die Bootsfahrt. Trotz der angeregten Unterhaltung genoß ich die Fahrt. Alle Nase lang änderte sich die Aussicht und eine Insel gab wieder den Blick auf die nächste frei. Am liebsten wäre ich auf jeder Insel ausgestiegen und hätte sie besichtigt.

Nach über zwei Stunden Fahrt bin ich dann in Linannäs auf Södra Ljüsterö an Land gegangen. Von dieser Insel aus kam ich über eine Brücke und mit einer weiteren Fähre aufs Festland nordöstlich von Stockholm. Ich wollte diesen Tag noch nach Kappelskär, einem der Fährhäfen zu den Åland-Inseln.

Meine leichte Erkältung, die ich mir ein paar Tage zuvor zugezogen hatte, hatte sich mittlerweile soweit verstärkt, daß ich etwas Halsschmerzen hatte und meine Nase fast ohne Pause lief. Gerade zweiteres stellte sich doch als sehr störend beim Fahren raus. Trotzdem kam ich einigermaßen gut voran, so daß ich mir einen kleinen Abstecher nach Furusund gönnte. Bei Furusund besteht eine Meeresenge zwischen zwei Inseln, durch die die riesigen Finnlandfähren, die auf dem Weg von oder nach Stockholm sind, durchmüssen. Es ist schon eindrucksvoll, wenn diese riesigen Schiffe an den kleinen Inseln vorbeifahren.

In Furusund machte ich es mir auf einem Felsen gemütlich, genoß mein Picknick und schlief eine Runde. Danach ging es recht zügig weiter nach Kappelskär, das eigentlich nur aus dem Fährterminal und einem Campingplatz besteht. Nach elf Nächten zu zweit im Zelt kam ich mir fast etwas verloren vor - soviel Platz hatte ich ...

Åland-Inseln

Sonntag, 03.09. Kappelskär - Mariehamn - Möckelö (8 km)

Ich machte mich recht früh und ohne Frühstück zur ersten Fähre nach Mariehamn, dem Hauptort der Åland-Inseln, auf. Diesen Morgen gönnte ich mir das Frühstücksbuffet an Bord der Fähre, was sich sehr lohnte. Trotz des guten Frühstücks ging es mir an diesem Tag nicht sonderlich gut, so daß ich, in Mariehamn angekommen, nur noch zum nächstgelegenen Campingplatz in Möckelö fuhr und den Tag ansonsten sehr ruhig angehen ließ.

Der Campingplatz in Möckelö ist sehr schön gelegen. Ich konnte mein Zelt auf einem kleinen Hügel zwischen hohen Nadelbäumen aufbauen. Von dort aus hatte ich direkten Blick aufs Wasser. Nachmittags machte ich noch einen Abstecher nach Mariehamn und wanderte ein wenig durch den Ort, der aber nicht sehr viel zu bieten hatte und in der Nachsaison recht ausgestorben war.

Montag, 04.09. Möckelö - Långnäs - Kumlinge (40 km)

Die Halsschmerzen hatte sich mittlerweile etwas in meinen Körper hineinverlagert und machten sich mit starkem Husten bemerkbar. Da der Schnupfen aber etwas nachgelassen hatte und ich mich auch nicht mehr so schlapp fühlte, wollte ich diesen Tag wieder etwas mehr Fahrrad fahren. Zunächst fuhr ich aber wieder nach Mariehamn, um mir etwas gegen den Husten zu besorgen. Da die Frau in der Apotheke mich nicht auf sprachlichem Wege verstand, hustete ich ihr kurzerhand etwas vor. Darauf erschien sie mit einer riesigen Flasche Hustensaft, die ich aber mit Hinweis auf mein Fahrrad ablehnte. Die Hustentabletten, mit denen sie darauf erschien waren dann allerdings das am eckligsten schmeckende Medikament, das ich je zu mir genommen hatte. Das schien auch mein Husten so zu sehen und machte sich im Laufe des Tages wie von Geisterhand von dannen!

Ich wollte mir eine der außenliegenden Åland-Inseln anschauen und fuhr so über die Insel Lemland nach Långnäs auf Lumparland. Leider war das Wetter nicht so schön und der Gegenwind tat sein übriges, so daß ich mich ziemlich quälen mußte und merkte, daß ich doch noch nicht ganz fit bin. Zum ersten Mal auf dieser Tour fragte ich mich, warum ich das eigentlich alles mache ...

Entgegen meiner Hoffnung stellte sich Långnäs als reiner Fähranleger heraus. Es gab zwar nebenan ein kleines Dorf mit Ferienhütten, das aber nicht mehr besetzt war. Da ich noch ungefähr zwei Stunden Zeit hatte, bis die Fähre fahren sollte und es leicht regnete, setzte ich mich in eine kleine unverschlossene Hütte und las.

Die Fährfahrt nach Kumlinge war recht rauh. Trotzdem genoß ich es, an der Reeling zu stehen, mir die Gischt ins Gesicht wehen zu lassen (daran sind meine norddeutschen Gene schuld ...) und die tausend kleinen Inseln vorbeiziehen zu sehen. Auf Kumlinge erwartete mich dann auch wieder etwas Sonnenschein. Ich machte mich vom Fähranleger in Synderstö auf dem Weg zu dem einzigen Campingplatz auf Kumlinge, der laut Liste von der Touristeninformation in Mariehamn auch noch geöffnet haben sollte. Ich fand aber nur eine recht einsame Wiese vor, auf der noch einige verschlossene Wohnwagen und Hütten standen. Neben der Hütte in dem sich Anmeldung und Kiosk befanden, stand allerdings noch ein Fahrrad, so daß ich mich auf die Suche nach dem Besitzer machte.

Nach einiger Zeit wurde mir klar, daß das Fahrrad wohl schon länger dort stand und der Campingplatz geschlossen hatte. Da es aber nunmal keinen anderen auf Kumlinge gab und die letzte Fähre auf eine andere Insel auch schon weg war, suchte ich mir eine ruhige Ecke und baute mein Zelt auf. Es war schon komisch, auf einem verlassenen Campingplatz auf einer kleinen Insel am Ende der Welt seine Nacht zu verbringen. Ich stellte fest, daß ich doch nicht so ganz zum lonesome Cowboy far away from home geeignet bin ...

Dienstag, 05.09. Kumlinge - Hummelvik - Godby - Möckelö (70 km)

Der Tag empfing mich wieder freundlicher. Die Sonne schien und meine Erkältung war auch schon wieder fast weg. Da ich nicht genügend für ein Frühstück dabei hatte, machte ich mich gleich auf den Weg, die Insel zu beradeln. In dem einzigen Supermarkt auf der Insel kaufte ich erstmal ausgiebig ein und verzog mich an die Westküste, um auf einem einsamen Felsen ein ausgiebiges Frühstück und einen schönen Blick zu genießen. Da die Fähre, mit der ich weiter wollte, erst am frühen Nachmittag fahren sollte, verbrachte ich den Vormittag mit lesen, Postkarten schreiben und dösen. [Lichtmeerspiegel I]

Mit der Fähre vom anderen Fähranleger der Insel in Krokarna ging es dann wieder zurück in Richtung Hauptinsel. Ich kam in Hummelvik auf der Insel Vårdö an, von wo aus ich mich wieder in Richtung Mariehamn machte. Nach der Quälerei am Vortag gingen mir die restlichen vierzig Kilometer am heutigen Tag richtig gut von der Pedale. So kam ich sehr zügig wieder in Möckelö an, wo ich für eine weitere Nacht mein Zelt aufbaute. Den Abend verbrachte ich mit einem Buch in einer Mariehamner Kneipe, da ich die Zeit bis um zwei Uhr morgens herumschlagen mußte, um auf Heiko zu warten.

Mittwoch, 06. September: Möckelö - Eckerö - Mariehamn (85km)

Nachdem sich die letzte Stunde, die ich am Hafen verbringen mußte, da die Kneipe bereits geschlossen hatte, doch etwas hinzog, kam um zwei Uhr endlich die Fähre aus Stockholm an. Es ist schon irre, wie so ein hochhaushohes Schiff fast milimetergenau manövriert wird, wenn es anlegt.

Nachdem ich Heiko in Empfang genommen hatte, machten wir uns auf den Weg zum Campingplatz. Zunächst mußte ich ihm allerdings noch eine der lustigsten Ampelkreuzungen zeigen, die ich je gesehen hatte: auf den Åland-Inseln (wie in ganz Finnland) sind Fußgängerampeln mit Signaltönen für Blinde ausgestattet. Wenn sie rot sind, geben sie rythmische Piepstöne von sich, bei grün gibt es einen Dauerton. Man stelle sich nun eine menschen- und autoleere Kreuzung nachts um halb drei vor. An dieser Kreuzung gibt es vier Fußgängerampeln, die alle vor sich hinpiepsen - mal alle im Takt, dann wieder zwei im Dauerton, ein richtiges Piepskonzert. Es war so komisch, dieses zu erleben, daß wir Tränen lachen mußten ...

Auf dem Campingplatz angekommen wollte Heiko dann nicht ins Bett, ohne vorher sein obligatorisches Bad im Meer genommen zu haben! Da ich ihn aber schon vorher der Gruppe der völlig abgedrehten Menschen zugeordnet hatte, schüttelte ich nur noch leicht den Kopf darüber.

Aufgrund des längeren Abends war erstmal ausschlafen angesagt. Nach einem recht ausgiebigen Frühstück ging es dann gegen Mittag wieder vollbepackt in Richtung Nordwesten weiter. Bei schönem Wetter sollte unser Ziel Eckerö sein, dem Fährhafen nach Grisslehamn in Schweden. Zu zweit machte das Fahren doch sehr viel mehr Spaß. Wir fuhren zunächst entlang der Hauptstraße, bis es bei Torp auf einer Nebenstraße weiter in Richtung Nordwesten ging.

In Eckerö suchten wir uns einen Felsen am Meer, wo wir bei einem längeren Picknick inklusive Postkarten schreiben, baden und dem An- und Ablegen der Fähren beobachten die warmen Sonnenstrahlen genossen. Wie sich herausstellen sollte, war dieses der letzte so richtig warme Tag in diesem Urlaub. Als es gegen Abend etwas kühler wurde, machten wir uns auf den Rückweg nach Mariehamn. Um nicht denselben Weg zu nehmen, bogen wir in Näfsby in Richtung Osten ab und fuhren im Bogen über Gölby weiter nach Mariehamn. Dabei konnten wir einen herrlichen Sonnenuntergang über den gelben Weizenfeldern genießen. [Lichtmeerspiegel II]

An unserem Zielort angekommen war es bereits dunkel. Trotzdem hatten wir noch gute sechs Stunden zu überbrücken bis unsere Fähre nach Turku abfahren sollte. Diese verbrachten wir zunächst in der selben Kneipe, in der ich am Vorabend auf Heiko gewartet hatte. Später ging es dann zum Fähranleger, wo wir uns mit Hilfe von Heiko aus Bremen importierten Rums einen steifen Grog gegen die Kälte zubereiteten.

Finnland

Donnerstag, 07. September: Mariehamn - Turku - Eknäs (79km)

Auf der Fähre angekommen suchten wir uns einen ruhigen Platz zum Schlafen. Diesen fanden wir in Form einer Telefonzelle! In einem der oberen Stockwerke des Schiffes (war es der 12. Stock?) befand sich nur noch ein Konferenzraum, der natürlich nachts nicht genutzt wurde. Vom Vorflur war ein kleiner Telefonraum abgetrennt, in den genau zwei Isomatten nebeneinander paßten. Da dieser nicht beleuchtet war, konnte man von aussen durch die Glastür nichts sehen, so daß wir eine ruhige ungestörte Nacht zu erwarten hatten.

Während Heiko sich gleich schlafen legte, machte ich noch einen kleinen Rundgang durchs Schiff. Allerdings kam ich mir mit meinen Fahrradklamotten etwas deplaziert vor und hatte auch keine große Lust auf das laute Gestampfe in der verrauchten Borddisco, so daß ich mich recht bald schlafen legte.

Der Morgen begann damit, daß wir von einem komischen Geräusch an der Telefonzellentür geweckt wurden. Eine Frau putzte die Scheiben, ohne uns zu sehen! Das Schlafversteck war also gut gewählt gewesen. Danach machten wir uns auf dem Weg zum Frühstücksbuffet, das wir uns nach meinen Erfahrungen auf dem Weg nach Mariehamn nochmal gönnen wollten. Zwar konnte das Essen bei der Stena Line nicht ganz mit dem bei der Viking Line mithalten, dafür wurden wir aber mit dem tollen Ausblick auf die enge Einfahrt nach Turku entschädigt!

In Turku reservierten wir erstmal telefonisch zwei Plätze in einer Jugendherberge in Helsinki und machten uns dann auf den Weg. Die breiten Ausfallstraßen und die Art der Architektur, die wir auf dem Weg aus Turku heraus sahen, ließ uns erstaunlich gut die geographische und (ehemals) politische Nähe zu Rußland erahnen. Irgendwie ein völlig anderer Stil, als wir ihn in Schweden oder auf den Åland-Inseln erlebt hatten. Und dabei gehören letztere ja eigentlich sogar zu Finnland - auch wenn das den Einwohnern gar nicht so gefällt. Wenn man nach dem Baustil geht, kann man verstehen, daß sich die Åländer eher Schweden zugehörig fühlen.

Obwohl wir entlang der Süd-West-Küste Finnlands bis nach Helsinki fahren wollten, führte uns der Weg erstmal in Richtung Binnenland. Um der Hauptstraße zu entgehen, nahmen wir einen Umweg in Kauf. Dieser führte über Lieto nach Paimio. Ziemlich schnell wurde uns klar, daß Finnland durchaus nicht unhügelig ist. Hinzu kommt, daß die Straßen - oder zumindest die Radwege - anscheinend im "Gradienten-Verfahren" gebaut wurden, d.h. möglichst immer den steilsten Weg auf den nächstgelegenen Hügel nehmend ...

In Paimio auf einer leicht abschüsssigen Strecke passierte es dann: ein leichter Knall und ich kam sehr schnell zum stehen. Dank meines hinteren Gepäcks stieg ich allerdings nicht über den Lenker ab! Auch mein Lowrider war nun vorne an der Befestigungsöse gebrochen! Bei den Reparaturmaßnahmen kam mir zugute, daß ich meinen Hinterradständer, der mir vor ein paar Tagen aufgrund weichen Bodens abgbrochen war, aus unerfindlichen Gründen nicht gleich weggeworfen, sondern weiter mit mir herumtransportiert hatte. Heiko fand außerdem noch ein Alurohr, daß er mit Hilfe eines Steins platt kloppte. Mit diesen beiden Utensilien sowie Kabelbindern und Unmengen von Draht machten wir uns an die Arbeit, meinen Lowrider wieder auf beiden Seiten zu stabilisieren . Das Ergebnis sah dann zwar abenteuerlich aus, erfüllte aber ganz sicher seinen Zweck! Dieser Lowrider hätte bestimmt noch Jahre gehalten!

Nachdem der Tag zunächst etwas diesig begonnen hatte, wurde es gegen Nachmittag wieder freundlich. Wir visierten einen Campingplatz in Eknäs an, der laut finnischem Campingführer noch geöffnet sein sollte. Kurz bevor wir ankamen, führte die Straße 181 über eine große Brücke, von wo man einen schönen Blick über den Lappdalsfjärden, einem tiefen Meereseinschnitt, hatte. Auf dem Campingplatz trafen wir dann auch tatsächlich eine Frau an der Rezeption. Allerdings stimmte unsere Info nicht so ganz: der Campingplatz war eigentlich schon geschlossen. Aber da sie uns nicht weiterschicken wollte, wies sie uns einen Platz für die Nacht zu. Ausserdem konnten wir - allerdings gegen Entgelt - die Platzsauna nutzen. In einem Holzhaus am Wasser gab es mehrere Eingänge, die in jeweils einen eigenen Saunabereich führten. So einen Bereich konnte man dann ganz alleine für sich mieten. Von der Sauna aus ging es dann ein paar Schritte bis zu einem grossen Badesteg aus Holz und ab ins sehr erfrischende Wasser!

Der Abend auf dem Campingplatz war dann sehr ruhig - kein Wunder wenn keine weiteren Gäste da sind. Nach dem Abendessen verzogen wir uns recht schnell in die Schlafsäcke, da es mit der verschwindenden Sonne doch schon recht kühl wurde. Außerdem war die letzte Nacht auf der Fähre auch nur von endlicher Dauer gewesen.

Freitag, 08. September: Eknäs - Perniö - Mangård (100km)

Zunächst ging es abseits der Hauptstrasse in einem Bogen weiter nach Südosten. Dabei passierten wir des öfteren Schotterstrecken. Ab Kemiö (Kemito) mußten wir dann leider der Hauptstraße 183 nach Perniö folgen, da die vielen Meereseinschnitte in der Gegend den Verkehr auf ein paar Brücken konzentrieren. Das Wetter zeigte sich wieder von seiner tristen Seite und die langen Waldstrecken, die wir passierten, drückten schon etwas aufs Gemüt. Teilweise kam es uns dann doch nur noch wie Kilometerklopperei vor - und nicht wie Genußradeln.

Als wir an einer Bushaltestelle mitten im Wald eine kleine Pause machten, entdeckten wir einen an die Wand des Wartehäuschens gepinselten Spruch, der ein wenig diese Stimmung widerspiegelte: [Morgenlyrik]

When I woke up this morning
I got myself a beer
The future is uncertain
The end is always near.

In Perniö gab es dann die nächste Pause, in der ich Geld und Verpflegungsnachschub besorgte. Während Heiko auf mich wartete, wurde er von einem skurilen Menschen angesprochen. Aber lassen wir Heiko selber erzählen:

Hmm ... während ich bei unseren Rädern auf Carsten wartete, sprach mich ein nicht mehr ganz junger Mann an - ein Art Unikat. Nach einem kleinen "Umweg" über Englisch und Schwedisch stellte sich schließlich heraus, daß auch seine Muttersprache 'mal Deutsch war. Er hatte sich jedoch wohl schon vor langem aus der Ostdeutschland abgesetzt und war durch die Weltgeschichte getourt und war nun als (Lebens-)Künstler in Perniö klebengeblieben. Irgenwie eine fast surrealistische Erscheinung. - Heiko

Nach Perniö ging es zunächst noch ein Stück auf der Hauptstraße 184, bevor in Koski auf eine Nebenstraße in Richtung Polo (Pohja) abbogen. Fast 15 km ging es jetzt auf Schotterwegen durch den Wald. Besonders gemein war es, sich auf Schotter ziemlich knackige Anstiege heraufquälen zu müssen, ohne auf der anderen Seite bergab rasen zu können, da der Weg nicht sonderlich viel Halt gab.

Ein Blick in Karte und Campingführer ließ uns feststellen, daß eine Kombination aus Übernachtung auf einem Campingplatz und am nächsten Tag Helsinki erreichen nicht mehr möglich war. So stellten wir uns also auf eine Nacht in freier Wildbahn ein.

Nachdem wir in Pojo wieder die Hauptstraße (111) erreichten, ging es in Karjå ab auf eine kleine Nebenstraße Richtung Mustio. An einem Haus fragten wir noch nach frischem Wasser und machten uns dann auf die Suche nach einem trockenen, geschützten Plätzchen für unser Zelt. Da es den ganzen Tag über immer wieder geregnet hatte, stellte sich das Finden allerdings als recht schwierig heraus. Nach einiger Suche entschieden wir uns dann für eine Wiese, die zwar halbwegs trocken, aber nicht sonderlich ebenerdig war. Aber es sollte ja nur für eine Nacht sein.

Sonnabend, 09. September: Mangård - Helsinki (80km)

An diesem Tag fing es schon schlecht mit dem Wetter an und es wurde immer unangenehmer. Zunächst nieselte es nur. Da wir so langsam in den Einzugbereich von Helsinki kamen, gab es kaum noch Nebenstraßen, die uns in die richtige Richtung geführt hätten. Ab Mustio mußten wir einige Kilometer der 53 folgen, bis wir auf die 113 abbogen, der wir bis nach Espoo folgten.

Da unsere Karten es an der nötigen Auflösung vermissen liessen, blieb uns auch auf dem Weg ins Zentrum von Helsinki nichts übrig, als entlang der vielbefahrenen Hauptstraße 110 zu fahren. Zwar gab es Radwege, aber Spass machte es nicht, zumal es jetzt so richtig regnete! Na ja, irgendwann erreichten wir dann das Olympiastadion und die dort integrierte Jugendherberge. Es stellte sich als sehr gut heraus, daß wir bereits reserviert hatten. Etwas nach uns kam eine Gruppe von Deutschen an, die schon keinen Platz mehr fand. Da auch sie mit dem Fahrrad unterwegs waren, konnten wir ihnen die Situation richtig gut nachfühlen. Sie schienen es aber nicht so schlimm zu finden und machten erstmal ein Picknick vor der Jugendherberge. Als sie von ihrer Tour erzählten, kam mir unser bisheriger Trip doch eher wie ein kleiner Wochenendausflug vor: sie waren von Deutschland aus über Dänemark und Schweden bis zum Nordkap und über Finnland wieder zurück nach Helsinki gefahren! Na ja, das waren ja nur so schlappe 5000 km ... Daß sie es dann nicht so aus der Bahn wirft, wenn sie in Helsinki keinen Platz in der Jugendherberge finden, konnten wir nachvollziehen.

Nach einer herrlichen Dusche, einem Nickerchen und etwas Warmen zu essen, sah die Welt schon wieder etwas besser aus. Außerdem hatte es aufgehört zu regnen. So machten wir uns mit zwei deutschen Forstwirtschaftsstudenten, die für eine Tagung nach Helsinki gekommen waren, und ein paar AmerikanerInnen auf dem Weg in die Stadt. Dort fanden wir einen alten Pavillion, der als Cafe bzw. als Disco genutzt wurde. Der Abend dort war so nett, daß wir fast die Schließzeit der Jugendherberge verpaßt hätten und noch ziemlich zurück hetzen mußten.

Helsinki

Sonntag morgen machten wir uns auf den Weg, Informationen über die weitergehenden Fähren zu bekommen. So langsam sollte sich unser Weg ja trennen. Nachdem wir damit den Vormittag verbracht hatten, besuchten wir am Nachmittag die Felsenkirche von Helsinki. In einen Felsrücken, der mitten in der Stadt zwischen den Häusern aus dem Boden schaut, wurde ein topfförmiges Loch gesprengt (bzw. ein bereits vorhandenes erweitert). In dieses Loch wurde dann die Kirche gebaut. Das Dach besteht aus Betonträgern, an denen eine Decke aus ringförmig angeordneten Kupferplatten befestigt ist. Ansonsten wurde die Kirche recht schlicht eingerichtet. Den Altar stellt ein Felsvorsprung dar und es gibt eine große Kirchenorgel. Zwar war diese nicht im Betrieb, aber durch die sehr gute Akustik des Raumes war auch die Musik, die aus den Lautsprechern kam, sehr angenehm anzuhören. So saßen wir fast eine Stunde in der Kirche, lauschten der Musik und schauten uns den eindrucksvollen Bau an.

Da dieses unser letzter Abend zusammen sein sollte, wollten wir trotz der hohen Preise in Helsinki - noch einmal essen gehen. Wir ließen uns in der Jugendherberge am Empfang mehrere nette Restaurants in eine Karte eintragen. Leider schien Sonntag nicht der Tag der geöffneten Restaurants zu sein - ein jedes hatte geschlossen. So fanden wir erst nach fast anderthalb Stunden Suche ein Restaurant in der Nähe der Jugendherberge. Während der ganzen Suche hatten wir gute 15 km auf unseren Fahrrädern zurückgelegt - und das mit leerem Magen ...

Baltikum

Nachdem wir den ersten (größeren) Teil der Tour gemeinsam hinter uns gebracht hatten, ging es jetzt für mich (Carsten) alleine weiter. Die Tour ins Baltikum trat ich mit gemischten Gefühlen an: einerseits war meine Motivation Fahrrad zu fahren, aufgrund des Wetters in Finnland doch ziemlich gesunken, andererseits reizte es mich unheimlich, wieder ins Baltikum "zurückzukehren". Ich hatte nämlich im Spätsommer 1993 ein zweimonatiges Praktikum in Kaunas (Litauen) absolviert und war damals ziemlich viel durch die baltischen Länder gereist (es gab kaum Arbeit für mich ...). Da ich die Zeit als sehr intensiv erlebt und viele interessante und schöne Orte (und Menschen ;-) kennengelernt hatte, war ich sehr gespannt darauf, was sich alles in den zwei Jahren verändert hatte. Außerdem hatte ich damals aus verkehrsmitteltechnischen Gründen nur die Städte des Baltikums besucht und freute mich darauf, diesmal nun das Hinterland kennenlernen zu dürfen. Da die Neugierde und Vorfreude dann doch überwogen, machte ich mich schließlich alleine auf den Weg ins Baltikum zu machen.

Um übliche Vorurteile gleich zu entkräften: mir ist auf meiner Tour durchs Baltikum nichts geklaut worden. Auch kam ich mir nie bedroht vor. Sicher sollte man vorsichtig sein (gerade in einer Großstadt wie Riga - aber das ist ja wohl bei jeder großen europäischen Stadt angesagt), aber Angst vor Diebstahl oder Raub sollte meiner Einschätzung nach niemanden von einem Fahrradurlaub im Baltikum abhalten!

Estland

Montag, 11.09. Helsinki - Tallinn (20 km)

Frühes Aufstehen war angesagt, weil ich meine Sachen packen mußte und vor der Fährüberfahrt noch einkaufen wollte. Wer weiß schon, was man im Baltikum so an Fertignahrung für das einfache Abendbrot am Zelt bekommen würde. Nach einer recht kurzen Verabschiedung von Heiko (es war einfach noch zu früh für überschwengliche Zeremonien) fing also der Lonesome-Cowboy-Teil der Tour an. Und er fing schlecht an! Auf dem Weg zur Fähre hatte ich nämlich den ersten und einzigen Platten auf der Tour! Anstatt einkaufen zu gehen, mußte ich also mein Fahrrad bis zur Fähre schieben. Auf dem Autodeck hieß es dann erstmal, das Vorderrad zu flicken. Die Crew und die ankommenden Autofahrer guckten ziemlich komisch, als ich anfing, mein Fahrrad zu entladen und das Vorderrad auszubauen. Wenigstens ging das Flicken recht mühelos von der Hand (im Gegensatz zu dem Dreck an meinen Fingern), so daß ich noch vor Ablegen der Fähre fertig war. Nach einer längeren Händeschrubbaktion machte ich mich dann auf die Suche nach dem Frühstücksbuffet. [Retkeilymaja]

Ich hatte morgens aufs Frühstück verzichtet, weil ich mir nochmal ein schönes Frühstück auf der Fähre leisten wollte. Das Buffet war aber so teuer im Vergleich zu Viking und Silja, daß ich es mir verkniff und mich stattdessen im Bistro mit Kaffee und Kuchen zu sättigen versuchte. Das Fährschiff gehört übrigens zu "Tallink" - jener Reederei, unter deren Flagge die "Estonia" bis letztes Jahr fuhr! Aber bangemachen galt nicht, zumal die See nun wirklich nicht sonderlich unruhig schien.

An Bord war eigentlich nicht sonderlich viel los. Nur die schummrige Tanzbar füllte sich im Laufe des Morgens mit immer mehr Gästen, die sich bereits ihr erstes Bier gönnten (trotz der Uhrzeit schmeckte es übrigens sehr gut!). Eine Tanzband spielte recht gelangweilt vor sich hin, einige Paare tanzten sogar und später gab sich ein Schiffsoffizier die Ehre und erzählte ungefähr ein halbe Stunde lang witzige Geschichtchen. Jedenfalls gehe ich davon aus, daß sie witzig waren, weil es immer wieder Lacher aus dem Publikum gab. Leider konnte ich nicht im geringsten herausfinden, worüber er redete und auch die Sprache die er wählte, war nur in etwa der Finnisch-Estnischen-Sprachgruppe zuzuordnen. Ab jetzt mußte ich mich also ohne meinen Sprachführer Heiko durchschlagen, der hier allerdings auch nicht viel hätte ausrichten können!

Nach dreieinhalb Stunden ging es dann von der Fähre. Da ich mir bereits in Deutschland ein estnisches Visum (siehe Anmerkungen) besorgt hatte, kam ich als erstes durch die Kontrolle. Allerdings mußte ich der Frau erstmal klarmachen, daß ich deswegen keine Fahrzeugpapiere besitze, weil ich mit dem Fahrrad unterwegs war. Nach einem kurzen Blick aus der Tür verstand sie dann aber und gab mir den Stempel in den Paß. Danach machte ich mich auf in die Altstadt, da ich wußte, daß dort eine Touristeninformation war. Es war schon ein nettes Gefühl, in eine Stadt zu kommen, in der man sich etwas auskennt. Und an Tallinn hatte ich nach einem verlängerten Wochenende vor zwei Jahren nur die besten Erinnerungen.

Die Frau in der Info bestätigte mir, daß der Campingplatz, der in meinem Reiseführer aufgeführt war, noch existierte und auch geöffnet hatte. Allerdings sagte sie mir nicht, wie weit es sei. In meinem Fnhrer stand nur: "1 km außerhalb Tallinns an der Straße nach Pärnu". Daß der Stadtrand aber 14 km von der Innenstadt entfernt liegt, verschwiegen sowohl das Buch als auch die Frau in der Information! Nachdem ich mindestens fünfmal dachte, mich verfahren zu haben, kam ich an den Stadtrand und die Straße wurde zur Autobahn! Glücklicherweise wußte ich schon von meinem letzten Baltikumaufenthalt, daß Radfahrer auf Autobahnen im Baltikum nichts besonderes sind! Also ab auf den Standstreifen.

Nach einem Kilometer tauchte auch wirklich der gesuchte Campingplatz auf. Im Baltikum bedeutet Camping allerdings eher das Anmieten von Holzhütten, als das Aufstellen von Zelten. Schließlich konnte ich dann aber doch für vierzig Kronen mein Zelt im Garten des benachbarten Hotels aufstellen. Und es gab sogar eine kleine Hütte, in der sich eine Dusche und Toilette befanden. Allerdings war mir nicht ganz klar welcher der beiden Eingänge für Männer gedacht war: der mit der Aufschrift "V" oder der mit "M"? Irgendwann bekam ich es dann zwar raus, aber leider kann ich mich mittlerweile nicht mehr daran erinnern ... :-( Ich glaube aber, daß das "V" für Männer stand. Test it out.

Nachdem ich nur kurz das Zelt aufgestellt hatte, ging es wieder die 15 km Richtung Innenstadt von Tallinn. Ich war recht erstaunt, wie gut das Fahrradfahren im Stadtverkehr letztendlich doch ging. Nach meinen Erfahrungen mit der Fahrweise von Autofahrern im Baltikum hatte ich mit schlimmerem gerechnet. Zwar war viel Verkehr und ab und zu wurde es auch mal etwas enger, aber eigentlich kam ich mir nie besonders gefährdet vor. In der Stadt angekommen, versuchte ich erstmal mit mulmigen Gefühl, mein Fahrrad abzustellen. Nach einigem Suchen wählte ich ein Gitter, neben dem mehrere alte Frauen standen, die Blumen verkauften. Aufgrund des Belebtheit dort hoffte ich, daß mein Fahrrad einigermaßen sicher sei. Und dann ließ ich mich mal wieder durch die Gassen von Tallinns absolut toller Altstadt treiben, suchte nach Orten, an denen ich schon mal gewesen war und nach Veränderungen. Obwohl ich vor zwei Jahren nur für drei Tage dort war, hatte ich eine sehr intensive Erinnerung an Tallinn. Neben den schönen Stellen fielen mir aber auch so einige Frevel auf: so hat sich an der Ecke zum schönsten Eingang zur Altstadt ein McDoof breitgemacht. Für das Baltikum hat der Laden wirklich gepfefferte Preise - und war trotzdem recht voll. Und bei weitem nicht nur mit Touristen!

Nach guten fünf Stunden mit essen, gucken, Süßigkeiten kaufen, nochmal durch die Gassen treiben lassen und einem letzten Bier in einem Bistro ging es dann im Dunkeln wieder zurück zum Campingplatz. Da mir leider mittlerweile das Licht am Fahrrad ausgefallen war und ich keine Ersatzbirnen dabei hatte, mußte ich also unbeleuchtet den Weg antreten. Der Verkehr war glücklicherweise bei weitem nicht mehr so dicht, aber zum Stadtrand hin ließ auch die Straßenbeleuchtung immer mehr zu wünschen übrig. Und dann nachts ohne Beleuchtung mit dem Fahrrad auf dem Standstreifen einer Autobahn zu fahren, war eine der schrägsten Sachen, die ich jemals als Verkehrsteilnehmer gemacht hatte. Aber es ging gut.

Dienstag, 12.09. Tallinn - Risti - Lihula - Varbla (145 km)

Der Morgen erwartete mich mit Sonnenschein. Nach den tristen Tagen zuvor ein ziemlich ungewohntes Gefühl. Nach einem kurzen Frühstück und Sachen packen ging es los. Meine erste Baltikumetappe.

Zunächst fuhr ich erstmal zehn Kilometer weiter auf der Autobahn. Mittlerweile hatte ich mich an das Gefühl gewöhnt und es ging so richtig gut voran. Komisch war es nur noch, eine richtige Autobahnausfahrt mit dem Fahrrad zu befahren. Nach Ende der Autobahn verließ ich den direkten Weg nach Pärnu und Riga und nahm die Hauptstraße an die Küste in Richtung Haapsalu. Schließlich wollte ich ja nicht nur quer durchs Baltikum brettern, sondern auch etwas von der Landschaft mitbekommen. Und diese wurde immer schöner.

Obwohl ich mich noch immer auf einer Hauptverbindungsstraße befand, war von Autoverkehr nicht viel zu bemerken. Im Durchschnitt alle zwei bis drei Minuten kam mal ein Fahrzeug vorbei. Ansonsten konnte ich ganz in Ruhe die Straße entlanggleiten. Es kam mir wirklich wie gleiten vor. Die Gegend war flach wie gebügelt, und wenn ein Wind geweht haben sollte, so muß er von hinten gekommen sein. Nach dem Nerv in Finnland eine sehr angenehme Abwechslung. Und je mehr ich mich in Richtung Küste bewegte, desto mehr erinnerte mich die Landschaft an die meiner Heimat rund um Bremen: kleine Bäche, grüne Wiesen und Weite! Ich konnte mich gar nicht satt sehen.

Nach 50 km machte ich in Risti eine kleine Mittagspause. Im dortigen Lebensmittelladen deckte ich mich erstmal mit Brot, Käse, etwas zu trinken und dem unheimlich leckeren Schokoladen-Konfekt, den ich schon vor zwei Jahren sehr zu schätzen wußte, ein. In Risti verließ ich dann die Straße nach Haapsalu und bog in Richtung Süden nach Virtsu ab.

Nach weiteren fünfzig Kilometern durch diese herrliche Landschaft hielt ich erneut an einem Lebensmittelgeschäft, um mich für den Abend und den nächsten Morgen einzudecken. Vor dem Laden befand sich eine Gruppe von sechs bis sieben Kindern, die mich wie ein Ufo von einem anderen Stern betrachteten. Zunächst hielten sie ziemlichen Abstand, als ich aber im Laden verschwunden war, siegte doch die Neugier und mein Fahrrad wurde ausgiebig bestaunt. Wie ich den Gesten entnehmen konnte, erklärte ein technisch versierterer Junge den anderen die Funktionsweise meiner Kettenschaltung. Auch mein Fahrradtacho war eine nähere Untersuchung wert. Als ich Ihnen dann noch erklärte, daß ich den Morgen in Tallinn gestartet war, nahm das Staunen gar kein Ende mehr. Nachdem ich die ganze Meute noch mit Konfekt versorgt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich muß zugeben, daß ich versuchte, möglichst dynamisch loszufahren - schließlich wollte ich die Kids doch nicht enttäuschen ... ;-)

Da ich den Tag über so gut vorangekommen war, entschied ich mich, nicht nach Virtsu zu fahren, sondern kurz vorher direkt in die Küstenstraße nach Pärnu einzubiegen, von der mir mein Reiseführer so vorgeschwärmt hatte. Zwar hörte der befestigte Belag nach einigen Kilometern auf und ging in einen - teilweise ziemlich rappeligen Schotter über, dafür wurde der Weg aber noch schöner. Kilometerlang führte die Straße durch eine Allee und es gab so einige postkartenreife Motive zu bestaunen.

Nach 15 km bog ich auf der Suche nach einem Nachtquartier von der Küstenstraße Richtung Küste ab. Nachdem ich mehrmals von dem jeweiligen größeren Weg auf einen kleineren abgebogen war, landete ich am Rand einer kleinen Schonung mit Blick auf eine Bucht. Hier wagte ich es, mein Zelt aufzubauen, daß sich recht gut in die Umgebung einpaßte und deswegen nicht auffiel. Mein Abendessen nahm ich dann mit Blick auf einen schönen Sonnenuntergang ein. [für den VauDe-Katalog ...]

Die folgende Nacht im Zelt war nur halbwegs ruhig. Da ich nicht so ganz einschätzen konnte, wie sicher ich war, lauschte ich immer wieder nach Stimmen, wobei meine Phantasie von schnatternden Enten und am Zelt schabenden Gras angeregt wurde.

Mittwoch, 13.09. Varbla - Tostamaa - Pärnu (120 km)

Morgens wollte ich mir zunächst ein schönes Frühstück mit Müsli machen, das ich mir noch aus Finnland mitgebracht hatte. Die Milch, die ich zu diesem Zweck noch am Vortag gekauft hatte, stellte sich aber leider als saure Sahne heraus. Diese hätte ich nun wiederum sehr gut für meine Reispfanne vom Vortag gebrauchen können. Sei's drum, so fuhr ich halt mit leerem Magen auf der Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit für mein Frühstück los.

Diese fand sich dann nach 15 km in Tostamaa. An einer kleinen Bar (so heißt im Baltikum fast alles, was kein Restaurant ist und trotzdem etwas zum Essen anbietet) versorgte ich mich mit Eßbarem und setzte mich draußen an einen kleinen Tisch zu zwei älteren estnischen Männern. Diese versuchten zunächst, mit mir ins Gespräch zu kommen, stellten aber schnell fest, daß dieses aus Sprachgründen nicht gut möglich war. Irgendwie schien es sie aber nicht loszulassen, daß ich aus Deutschland kam. Sie unterhielten sich über mich und fingen an, nach ihnen bekannten deutschen Wörtern zu suchen. Das fing zunächst harmlos mit den Zahlen von eins bis zehn (wild gemischt mit englischen) an, kippte dann aber sehr schnell zu Begriffen aus der Nazizeit um. Mir wurde die Situation immer unangenehmer. Da ich mich ja leider nicht richtig verständlich machen konnte, versuchte ich den beiden wenigstens durch Gesten klarzumachen, daß ich damit nun wirklich nichts mehr am Hut hätte. Aber irgendwie wurde die Situation immer unangenehmer und die Männer immer unfreundlicher (so schien es mir wenigstens), so daß ich schnell aufaß und weiterfuhr. Irgendwie machte mich diese Situation doch etwas nachdenklich.

So grübelnd fuhr ich die Küstenstraße weiter nach Pärnu. Der Teil ab Tostamaa war dann wieder fast durchgehend asphaltiert, so daß ich weitaus besser vorankam. Und irgendwann auf dem Weg zwischen Tostamaa und Pärnu erreichte ich dann die 2000-km-Grenze meiner Tour. In Pärnu entschied ich mich, eine Nacht im Hotel zu verbringen, da ich mal wieder Lust auf eine Dusche hatte. Pärnu ist eine alte Badestadt, die mal wirklich sehr schön gewesen sein muß, mittlerweile aber doch recht renovierungsbedürftig ist. An vielen Stellen läßt sich aber noch altes Flair erahnen. Nachdem ich am Strand etwas mit zwei deutschen Touristinnen unterhalten hatte, machte ich mich auf, eine Kleinigkeit zu essen. In einer Art Pub, der einzelne, durch Kabinenwände getrennte Tische hatte, machte ich es mir nach dem Essen mit einem Bier bequem und begann zu lesen. Irgendwann gesellte sich eine Russin zu mir. Sie war wohl Mitte/Ende vierzig, sah aber (wohl alkoholbedingt) weitaus älter aus. Obwohl ich keine Lust hatte, mit Ihr ins Gespräch zu kommen und in meinem Buch weiterlas, redetet sie die ganze Zeit auf mich ein. Sie schien wissen zu wollen, woher ich kam - was ich ihr dann auch sagte. Irgendwann fing sie sehr eindeutig und penetrant an, mich aufzufordern, ihr ein Bier auszugeben, was ich irgendwann auch genervt machte. In Ruhe ließ sie mich aber trotzdem nicht, sie schob immer wieder mein Buch weg, redete auf mich ein, zeigte mir irgendwelche Bilder von irgendwelchen Kindern und wollte schließlich ein Zigarette von mir haben. Auf meine Andeutung, daß ich Nichtraucher sei, zeigte sie auf die Theke, damit ich ihr dort eine Zigarette kaufe. Als ich das ignorierte, fing sie an, mich zu beschimpfen. Obwohl ich kein Russisch verstand, konnte ich doch Wörter wie "Faschist" und "Hitler" verstehen. Da es mir sehr schnell reichte, packte ich schnell meine Sachen und machte mich auf den Weg ins Hotel. Irgendwie war das alles ein wenig zuviel für einen Tag.

Donnerstag, 14.09. Pärnu - Estnisch-Lettische Grenze - Salacgriva - Tuja (115 km)

Es ging entlang der "Via Baltika" in Richtung Riga. Kurz nach Pärnu suchte ich zwar nach einer Möglichkeit, weg von der Hauptstraße etwas näher am Wasser entlangzufahren, fand aber keine. So fuhr ich erstmal die Hälfte des Weges zur lettischen Grenze entlang dieser etwas kräftiger befahrenen Straße. Dann ging aber eine kleine Nebenstraße ab, die mich nahe der Küste bis direkt an die Grenze führte. Hier war es wieder schön ruhig und ich konnte mich auf die hübsche Umgebung konzentrieren. In einem kleinen Laden tauschte ich dann noch meine letzten estnischen Kronen in Lebensmittel ein. Beim zweiten Versuch, Milch zu kaufen, versuchte ich abzuklären, ob es sich um trinkbare Milch handelt. Als die Verkäuferin auf meine Handbewegung hin deutlich nickte, packte ich in Vorfreude auf ein Müslifrühstück am nächsten Morgen meine Sachen und machte mich auf den Weg.

Direkt vor der Grenze mußte ich dann einen zwei Kilometer langen Schotterweg in Richtung Landesinnere nehmen, der mich direkt an die Grenzanlagen an der Hauptstraße führte (aus der Gegenrichtung geht es direkt hinter dem estnischen Schlagbaum links ab auf diesen Schotterweg - unbedingt wegen der schönen Küstenstraße zu empfehlen!).

Lettland

Ab der Grenze fuhr ich wieder entlang der Hauptstraße. Diese führte kilometerlang durch dichten Wald, so daß trotz der Nähe zum Meer selten etwas von ihm zu sehen war. Nach ca. 30 km kam ich an eine Kreuzung, an der ein Wegweiser in einigen Kilometern in Richtung Meer einen Campingplatz anpries. Da das Schild recht neu aussah, machte ich mich auf den Weg in Richtung Tuja. Doch nirgends war mehr irgendetwas von einem Campingplatz zu sehen und auf Nachfrage wurde ich irgendwie in Richtung Dorfausgang an die Küste geschickt. Also war wieder wildzelten angesagt. Kurz vor dem Ufer fällt das Hinterland ungefähr drei Meter steil zum Strand ab. An diesem Wall suchte ich mir am Strand eine kleine Nische, in der ich mein Zelt aufbaute. Und am Abend konnte ich dann über dem Meer den schönsten Sonnenübergang, den ich je gesehen habe, genießen! [Lettischer Sonnuntergang]

Freitag, 15.09. Tuja - Saulkrasti - Riga (80 km)

Der Morgen fing wieder mit einer Enttäuschung an. Die Milch, die ich am Vortag gekauft hatte, war zwar trinkbar, aber als Buttermilch dann doch schlecht für ein Müsli zu benutzen. An Buttermilch hatte ich am beim Einkauf wirklich nicht gedacht ...

Da ich diesen Tag Riga erreichen wollte, und es sich dabei um eine Hauptstadt handelt, verwundete es mich kaum, daß es mal wieder regnete (vgl. Stockholm und Helsinki). Irgendwie gehörte das wohl auf dieser Reise dazu. Da ich nicht auf der Autobahn nach Riga hineinfahren wollte, bog ich zwanzig Kilometer vorher in Richtung Küste ab und erreichte Riga von Norden her. Je näher ich in die Stadt kam, desto stärker wurde der Verkehr. Trotzdem stellten nicht die Autos die eigentliche Gefahr dar, sondern die unter Pfützen versteckten Schlaglöcher. Trotzdem erreichte ich heil die Innenstadt und fand wie durch ein Wunder direkt den Weg zu einem Studentenwohnheim am nördlichen Rand der Altstadt, in dem ich bereits vor zwei Jahren für zwei Nächte untergekommen war. Und auch diesmal konnte ich für zwei Latt pro Nacht ein Zimmer bekommen! Nach einer Dusche machte ich mich auf in die Altstadt und rief eine Bekannte an, die ich vor zwei Jahren in Riga kennengelernt hatte und mit der ich mich für den nächsten Tag verabredete.

Sonnabend, 16.09. Riga

Der Morgen empfing mich wieder mit strahlendem Sonnenschein. Ich traf mich um 10 Uhr mit Kristine und verbrachte den ganzen Tag mit ihr. Nachdem wir morgens ein wenig durch Riga liefen, machten wir nachmittags einen Ausflug nach Jurmala. Jurmala ist ein 20 km langer Ort, der sich vor Riga an einer Ostseebucht entlangzieht und einen herrlichen, weißen Sandstarnd zu bieten hat. In der UdSSR war Jurmala das Urlaubsziel für verdiente Sowjetbürger. Mittlerweile stehen aber viele Pensionen und Hotels leer und verrotten langsam. Trotzdem strahlt Jurmala (ähnlich Pärnu) noch immer einen alten Seebadcharme aus. Vom Baden in der Ostsee wird in Jurmala wegen der schlechten Wasserqualität in der Rigaer Bucht übrigens schwer abgeraten. Aber auch für einen langen Spaziergang ist Jurmala immer einen Ausflug wert.

Abends besuchten wir in der Rigaer Altstadt noch eine Disco namens "Balta Gilda", die hauptsächlich von lettischen Jugendlichen besucht wird (Riga wird zu über 50% von Russen bewohnt!). Hier wird nach modernem Stampfrythmus der Pärchentanz zelebriert - ein recht ungewohntes Bild.

Sonntag, 17.09. Riga - Jurmala - Stende - Vegi (120 km)

Ich hatte am Vortag in Jurmala einige Radfahrer beobachtet, die auf dem recht festen Strand herumfuhren. Dieses als Anregegung machte ich mich recht früh auf und fuhr auf fast unbefahrenen Straßen durch Riga nach Jurmala - wobei ich an einem Autobahnkreuz fast die falsche Abfahrt genommen hätte ... :-)

Die danach folgenden 20 km waren wohl der schönste Streckenabschnitt während der gesamten Reise! Der Sand war wirklich fest genug, um mein Fahrrad trotz Gepäcks nur wenige Milimeter einsacken zu lassen. So radelte ich für anderthalb Stunden ein/zwei Meter neben der Ostsee den fast menschenleeren Strand entlang und genoß es einfach nur! Schade war nur, daß ich kein Photo von dieser Fahrt schießen konnte. Ich fürchtete, daß mir das niemand glauben würde.

In Bigaunciems verließ ich dann den Strand und fuhr die Küstenstraße weiter gen Norden. Ich hatte geplant, die gesamte Küste Lettlands abzufahren, aber bereits Kristine warnte mich, daß die Küstenregion nordwestlich Rigas sehr waldreich sei und von der Ostsee recht wenig zu sehen wäre. Und so war es auch: obwohl die Straße nur um die hundert Meter von der Küste entfernt war, konnte ich nur sehr selten mal ein Spiegeln durch die Bäume vernehmen. Ansonsten fuhr ich nur durch Wald. Nach einiger Zeit war mir das dann doch etwas zu eintönig und ich entschied mich (nach einem kurzen Blick auf die Karte), durchs Inland abzukürzen. So bog ich 25 km nach Jurmala von der Küstenstraße in Richtung Talsi ab.

Schon nach einigen Kilometern wurde der Wald lichter und die Landschaft leicht hügelig. Nach einer Woche Fahrt über flaches Land bot dieses für mich eine nette Abwechslung. Ich konnte so manchen schönen Ausblick genießen, ohne dafür zu starke Steigungen in Kauf nehmen zu müssen.

Nach zwei Nächten in einem richtigen Bett hatte ich wieder Lust auf Camping in freier Wildbahn. So machte ich mich am späten Nachmittag auf die Suche nach einer geeigneten Stelle. Obwohl die Gegend nicht sonderlich dicht besiedelt ist, fiel es mir recht schwer, eine sicher wirkende Stelle zu finden, an der ich mein Zelt aufbauen konnte. Schließlich entschied ich mich, in einem kleinen Haus zu fragen, ob ich mein Zelt auf der Wiese nebenan aufstellen dürfe. Zunächst stand aber leider ein Sprachproblem im Wege. Ich fragte den Hausbesitzer, ob ich campen dürfe und er glaubte deswegen, daß ich eine Hütte mieten wolle. Daraufhin zeigte er mir auf der Karte den nächsten Ort mit einem Hotel. Es bedurfte einiger Zeichensprachekünste, um ihm klarzumachen, daß ich ein Zelt dabei hatte.

Da es bereits gegen Herbstanfang ging, wurden die Tage doch merklich kühler. Während des Abendessens, das ich in meinem Zelteingang einnahm, ging die Sonne unter und es kam eine unangenehme Kälte über den Boden gekrochen. So lag ich bereits gegen acht Uhr in meinem Daunenschlafsack und wagte noch nicht einmal, die Arme zum Lesen herauszustrecken. An diesem Abend machte ich mir doch ein paar Gedanken, ob es nicht zu spät im Jahr war, um alleine eine solche Reise zu unternehmen.

Montag, 18.09. Vegi - Kuldiga - Alsunga - Liepaja (131 km)

Der Morgen erwartete mich mit Sonne, Rauhreif und einem Klötern in meiner Trinkflasche! Es hatte nachts gefroren. Ich war doch recht froh, einen einigermassen warmen Schlafsack mit auf die Reise genommen zu haben. Die Sonne hatte noch genügend Kraft, um den Rauhreif recht schnell zu vertreiben und die Luft wieder anzuwärmen. Nach einigen Kilometern Fahrt war mir so auch wieder angenehm warm.

Der Weg ging weiter durch die wunderschön hügelige Landschaft nach Kuldiga und über Alsunga weiter zur Küste. Kurz hinter Alsunga überquerte ich die Bahnlinie und die Straße wurde zu einer unangenehm Schotterpiste. Na ja, die zehn Kilometer bis zur Küstenstraße meinte ich das aushalten zu können. Doch welch blankes Entsetzen, als ich diese erreicht hatte: die Küstenstraße bestand in beiden Richtungen ebenfalls nur aus Schotter, der teilweise waschbrettartig ausgefahren war. Aber das Jammern nützte ja nichts, ich mußte irgendwie weiter.

Obwohl sich der Weg entlang der Ostsee als landschaftlich schön herausstellte, da man freie Sicht aufs Meer hatte, war die Fahrt auf diesem eine einzige Katastrophe. Nicht nur die Fahrbahnbeschaffenheit machte mir zu schaffen, sondern auch die LKWs, die regelmäßig an mir vorbeidonnerten. Die Fahrer hielten kaum Abstand und fuhren auch so schnell, daß ich heilfroh sein konnte, keinen Kieselstein abzubekommen. Und danach mußte ich dann für einige Minuten durch eine Staubwolke fahren. Der Haß kann manchmal groß sein ... Nach den längsten 15-20 km dieser Tour wechselte der Belag endlich wieder und ich dachte, ich schwebe nur so dahin. Zwar schmerzte mein Hinterteil noch ein wenig, aber das Gefühl in den Händen kam dafür recht schnell zurück. So glitt ich die Straße entlang, immer wieder von Hunden angebellt, die es - wie überall im Baltikum - wohl nicht ertragen konnten, daß jemand an ihrem Haus und Hof vorbeiradelte.

Gegen abend hielt ich dann Ausschau nach einer kleinen Pension oder einem Zimmer, aber irgendwie ließ sich nichts auftreiben. So wurde es immer später und fing auch schon leicht zu dämmern an, als ich mich entschied, ca. 10 km vor Liepaja in den die Straße umsäumenden Wald abzubiegen und nach einem Platz für mein Zelt zu suchen. Nach einiger Zeit verließ ich den Weg und schlug mich ins Unterholz. Bei der Suche nach einer geeigneten Stelle hätte ich fast mein Fahrrad verloren, daß ich ca. 5 Meter hinter mir gelassen hatte. Der Wald war so dicht, daß ich keine Befürchtung haben mußte, zufällig gefunden zu werden. Aufgrund der frühen Dunkelheit machte ich mich auch diesen Abend wieder zur Tagesschauzeit ins Bett und fragte mich, ob das so noch alles Spaß machen würde. So schön die Tage auch waren, die Abende entsprachen nicht mehr so ganz meinen Vorstellungen.

Dienstag, 19.09. Liepaja - Lettisch-Litauische Grenze - Palanga (95 km)

Morgens war meine Lust, im düsteren Wald zu frühstücken nicht sonderlich groß. So packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg nach Liepaja. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit viel Hefestückchen ging es dann in Richtung Litauen.

Litauen

Es war schon ein nettes Gefühl, nach zwei Jahren mal wieder nach Litauen zu kommen. Mein Litauisch war zwar auch nicht so gut, daß es zu einer Konversation reichte, aber ich konnte mich wenigstens vernünftig verständlich machen.

Die Tagestour beendete ich 30 km hinter der Grenze in Palanga. Palanga ist der Badeort in Litauen und soll im Sommer von jungen Leuten fast überbevölkert sein. Jetzt zum Sommerende war es schon leerer, so daß ich keine Probleme hatte, eine nicht zu teure Unterkunft zu finden. Nach zwei Tagen ohne fließend Wasser war die Dusche ein Hochgenuß.

Da der Nachmittag noch früh war, machte ich mich erstmal auf ein Besichtigungstour durch Palanga und besuchte das Bernsteinmuseum, das die wohl größte Bernsteinsammlung der Welt sein eigen nennt! Gerade die Stücke mit Einschlüssen von Insekten und Blättern waren hochinteressant. Danach ging es den Strand entlang und durch den hübschen Ortskern Palangas. Es war aber doch der recht späte Zeitpunkt im Jahr zu bemerken, da viele Kneipen und Restaurants bereits geschlossen hatten. Und abends war dann fast gar nichts mehr los. Die ein, zwei geöffneten Bars waren völlig leer. So war dieser Abend auch nicht viel interessanter als die vorherigen ...

Mittwoch, 20.09. Palanga - Klaipeda (30 km)

Die letzte Etappe meiner Reise war nur noch sehr kurz. So kam ich schon im Laufe des Vormittags in Klaipeda an. Ich hatte noch zwei Tage bis zur gebuchten Abfahrt meiner Fähre nach Rügen. Da ich nach fünf Wochen doch so langsam nach Hause wollte, versuchte ich noch auf die Fähre zwei Tage früher umzubuchen. Dort waren aber alle Plätze der Pullmann-Kategorie ausgebucht und über 100,- DM für einen Kabinenplatz drauflegen wollte ich dann auch nicht. So nahm ich mir ein Hotelzimmer in einem billigen, aber auch recht heruntergekommenen Hotel. Aber das Zimmer war soweit in Ordnung, daß ich es als nicht zu schlimm empfand. Mein Fahrrad konnte ich in einem Abstellraum des Hotels einschließen und so machte ich mich zu Fuß auf den Weg.

Nachmittags nahm ich die Fähre auf die Kurische Nehrung und besuchte das Aquarium und eine Delphinshow. Die Kurische Nehrung ist eine ca. 100 km Sanddüne, die von Kaliningrad in der russischen Enklave bis nach Klaipeda reicht und eine maximale Breite von ein paar Kilometern erreicht. Die Nehrung grenzt das Kurische Haff von der Ostsee ab und läßt nur bei Kleipeda eine wenige hundert Meter breite Öffnung zwischen dem Haff und dem offenen Meer. Teilweise bietet die Nehrung eine Dünenlandschaft, die einen an die Sahara denken läßt - weit und breit nur Sand. Der schönste Ort auf der Nehrung ist sicher Nida, das 50 km von Klaipeda entfernt nahe der Grenze zu Rußland liegt.

Donnerstag/Freitag, 21./22.09. Abstecher per Bus nach Kaunas

Da das Wetter nicht so gut war und ich auch nicht mehr die große Lust zum Radfahren hatte, wollte ich die letzten beiden Tage nicht mehr auf die Nehrung fahren, auf der ich bereits vor zwei Jahren einmal war. Stattdessen nahm ich einen Linienbus und machte mich spontan auf den Weg nach Kaunas, das 200 km im Inland liegt. Ich wußte, daß ein Kollege von damals Geburtstag hatte, nur hatte ich weder seine richtige Adresse, noch wußte ich, wo er mittlerweile arbeitete. Die Geschichte, wie ich ihn dann schließlich fand, wäre hier ein wenig zu lang. Jedenfalls klappte es und es gab noch ganz spontan eine kleine Party mit mehreren der Leute von damals. Es war, als wäre ich nie weg gewesen.

Freitag sind wir dann noch ein wenig durch Kaunas gelaufen und haben uns an die Zeit vor zwei Jahren erinnert, bevor ich dann wieder den Bus zurück nach Klaipeda nehmen mußte. Es war schon gut, daß ich die Fähre nicht umbuchen konnte ...

Sonnabend/Sonntag 23./24.09. Klaipeda - Neu Mukran (Rügen) - Saßnitz - Zug nach Hannover (30 km)

Die Fähre, die von Klaipeda nach Neu Mukran auf Rügen und zurück fährt, ist ein großer Eisenbahntransporter, der vor kurzem mit Kabinen ausgestattet wurde. Hauptsächlich transportiert er aber Eisenbahnwaggons und LKWs, deren Fahrer den recht gefährlichen Weg über Polen scheuen. Gegen Mittag machte ich mich auf den Weg zum Fähranleger, der 12 km südlich von Klaipeda am Kurischen Haff liegt. Es ging vorbei an einem riesigen Markt, auf dem wohl alles zu kaufen ist, und als ich dachte, ich hätte mich völlig verfahren, war ich da.

Das Schiff sollte am frühen Nachmittag ablegen. So checkte ich ein, kam durch den litauischen Zoll und mußte mit anderen Privatreisenden in einem kleinen eingezäunten Areal warten, bis wir an Bord durften. Die Zeit wurde länger und so kam ich mit einigen von ihnen ins Gespräch. Da war eine Gruppe Deutscher, die für ein paar Tage Litauen besucht hatte. Es stellte sich aber schnell heraus, daß die Leute leider so gut wie gar nichts von Litauen mitbekommen hatten. Jedenfalls ging mir ihr unwissendes, aber zugleich besserwisserisches Gerede ziemlich schnell auf den Geist. Danach sprach mich ein Litauer an, der seit einiger Zeit bei einer deutschen Firma in der Nähe von Stuttgart arbeitet und regelmäßig zwischen Litauen und Deutschland hin- und herpendelt. War schon sehr viel interessanter, sich mit ihm zu unterhalten, da er mir sehr viel neues von den litauischen Problemen und der aktuellen Politik (was wohl eng zusammenhängt ...) erzählen konnte.

Als die Fähre dann ablegte, hatte sie bereits über drei Stunden Verspätung. An Bord traf ich dann noch einen Mann aus meiner Heimatstadt Bremen, der gerade einen Bilderband über das Baltikum produziert hatte und diesen jetzt sowohl im Baltikum, als auch in Deutschland an den Mann bringen wollte. Trotz großer Mühe seinerseits habe ich dann aber doch keinen gekauft.

Nach einer Nacht, die ich anstatt im ungemütlichen Pullmannsitz mit Isomatte und Schlafsack auf dem Boden des Kinderspielzimmers verbracht hatte, war also der letzte Tag meines Urlaubs angebrochen. Mir war schon länger klar gewesen, daß ich nicht mehr auf Rügen und an der mecklenburgischen Ostseeküste radeln wollte. Es war einfach die Luft raus und auch das Wetter war nicht mehr schön genug, um mich noch umstimmen zu können.

So fuhr ich direkt vom Fähranleger nach Sassnitz und ließ mir die nächste Verbindung nach Hannover raussuchen. Und abends gegen zwanzig Uhr war ich dann wieder zu Hause!

Fazit

Ich habe diesen Urlaub als sehr intensiv und schön empfunden. Gerade nach meinem Diplomarbeitsstreß war diese Tour die ideale Abwechslung, um den schwarzen Loch zu entgehen und meinen eingerosteten Körper mal wieder so richtig zu seinem Recht kommen zu lassen.

Allerdings war die Zeit, zu der Heiko und ich gereist sind, wohl doch etwas zu spät. Wie dem Bericht sicher zu entnehmen ist, haben wir kaum andere Menschen getroffen und teilweise hatten auch die Campingplätze schon geschlossen. Die Hauptreisezeit endet in Skandinavien Anfang / Mitte August. Wer nicht absolut der Einzelgänger ist, sollte doch mindestens einen Monat früher oder im Frühjahr, wenn die Tage länger sind, auf so eine Tour gehen.

Trotzdem sind mir beim Schreiben dieses Berichts - immerhin auch schon wieder ein halbes Jahr (und mehr ...) nach der Tour - wieder sehr viele schöne Erinnerungen gekommen, die mich richtig heiß auf meinen nächsten Fahrradurlaub in diesem Sommer werden lassen. Auch wenn der aus Zeitgründen (mittlerweile bin auch ich in den Zustand "berufstätig" übergegangen) bei weitem nicht so lang werden wird ...

Reisetip Baltikum

Zum Schluß noch ein Reisetip: Ich denke, daß das Baltikum ein ideales Fahrradreisegebiet ist. Es ist nicht besonders hügelig, außerorts sind die Straßen oftmals sehr wenig befahren, es ist dort immer noch recht preiswert und nicht zuletzt mal etwas ganz Neues.

Man kann zwischen Klaipeda und Tallinn sicher zwei bis drei sehr schöne Wochen auf dem Fahrrad im Baltikum verleben. Die Anreise könnte (vielleich mit einer vorherigen Tour durch Mecklenburg-Vorpommern verbunden) per Fähre von Rügen nach Klaipeda geschehen. Und zum Abschluß der Tour besteht dann die Möglichkeit von Tallinn nach Helsinki überzusetzen und mit der FinnJet nach Kiel zurückzufahren. So ist dann auch der Transport der Fahrräder aufs wunderbarste geklärt.

Ist doch sicher mal was anderes, als immer nur den Donauweg von Passau nach Wien entlangzufahren ...

Gute Infos zum Reisen ins Baltikum gibt es bei der Baltischen Tourismus Zentrale.

Anmerkungen

Pannen und Tips

  • Vor einer Reise durch Skandinavien und das Baltikum sollte man sich genau über seinen momentanen Impfschutz informieren. Dabei ist auch eine Impfung gegen FSME anzuraten, das durch Zeckenbisse übertragen werden kann. Viele Teile Schwedens und das Baltikum gelten als Risikogebiet. Ich (Carsten) wurde während der Reise dreimal von Zecken gebissen, die ich mit Hilfe einer speziellen Pinzette, die es in Apotheken gibt, mühelos entfernen konnte.
  • EU-Staatsbürger benötigen KEIN VISUM! Deutsche Staatsangehörige bzw. alle EU-Bürger haben das Recht, sich bis 90 Tage binnen eines Halbjahres ohne Visum in Estland, Lettland und Litauen aufzuhalten. Weitere Infos unter Baltikum Tourismus Zentrale.
  • Ein paar Ersatzspeichen, sowie Werkzeug zur Demontage des Zahnkranzes sollte man auf längeren Touren im Gepäck haben. Aufgrund der hohen Belastung durch das Gepäck und der bei Kettenschaltungen etwas asymmetrischen Einspannung des Hinterrades unterliegen besonders die Speichen hinter rechts einer starken Belastung. Regelmäßige Sichtprüfung kann nicht schaden ...
  • Bei Lowridern sollte man darauf achten, daß die Befestigungsösen stabil ausgeführt sind (z.B. durch eigene Laschen). Die Einfachausführungen kann man mit einer stabilen Alustange zwischen Lowrider-Trapez und Gabel sehr gut vom gefährlichen Schwingen abhalten.
  • Gute Ausrüstung ist (fast) jede Mark (jeden Euro) wert, die sie mehr kostet ...

Karten, Reiseführer und Währungen

Ein Teil der hier aufgelisteten Karten sind in Deutschland nicht einfach zu bekommen. Die roten und blauen schwedischen Karten sind aber z.B. in etlichen großen Buchhandlungen in Schweden erhältlich. Das umfangreichste Angebot an Karten aller Art, Größe und Herkunft, das ich je zu Gesicht bekommen habe, hat jedoch Kartbutiken in Stockholm, rund 500 Meter nördlich von Stockholm Central (dem Stockholmer Hauptbahnhof) gelegen.

Lantmäteriet Kartbutiken
Kungsgatan 74
S-111 22 Stockholm
Tel.: +46-8-202303
Fax: +46-8-202711
In Deutschland gibt es eine große Auswahl an Karten bei:

Dr. Götze Land & Karte
Alstertor 14-18
20095 Hamburg
Telefon: +49-040-357463-0
Fax: +49-040-357463-44
info@mapshop-hamburg.de

Dänemark

  • Generalkarte Dänemark 1:200000 (Kort- og Matrikelstyrelsen: Færdselskort) (8,80 DM pro Blatt)
    • Blatt 4 (Sjælland, Falster, Møn)
  • Wolfgang Kettler: Dänemark per Rad, Cyclos 1992

Schweden

  • Rote Karte 1:250000 (Lantmäteriet: Röda kartan) (100,- SEK pro Blatt)
    • Blatt 1 (Skåne)
    • Blatt 4 (Göteborg)
    • Blatt 7 (Uddevalla)
    • Blatt 8 (Norrköping)
  • Blaue Karte 1:100000 (Lantmäteriet: Blå kartan) (75,- SEK pro Blatt)
    • Blatt 106 (Stockholm)
  • Wolfgang Kettler: Südschweden per Rad, Cyklos 1994

Åland-Inseln und Finnland

  • Straßenkarte Finnland 1:200000 (Karttakeskus: Tiekartta) (ca. 80,- SEK pro Blatt)
    • Blatt GT1 (Åland, Turku)
    • Blatt GT2 (Turku, Helsinki)

Estland, Lettland und Litauen

  • Euro-Regionalkarte 1:300000 (RV Verlag)
    • Estland
    • Lettland
    • Litauen
  • Peter und Rainer Höh, Reise Know-How, Verlag Peter Rump
    • Estland-Handbuch (2003: wird nicht mehr aufgelegt)
    • Lettland-Handbuch (2003: wird nicht mehr aufgelegt)
    • Litauen-Handbuch (2003: wird nicht mehr aufgelegt)
  • Günther Schäfer, Reise Know-How, Litauen mit Kaliningrad (Königsberg), Verlagsgruppe Reise Know-How

Oder für das gesamte Baltikum (etwas komprimiert):

  • Peter und Rainer Höh, Reise Know-How, Baltikum-Handbuch, Verlag Peter Rump (2003: wird nicht mehr aufgeklegt)

Achtung: Immer auf das Erscheinungsdatum achten! Im Baltikum verändert sich viel und die Reiseführer sind deswegen schnell veraltet.

Währungen und Wechselkurse

Auch wenn eine Fahrradtour (einmal abgesehen von den notwendigen Investitionen ;-) sicher zu den preiswerteren Reiseformen gehört, so geht es doch nicht ganz ohne Geld. Für die Freunde des Dreisatz folgen daher hier die im Spätsommer 1995 (Oktober 2003) etwa gültigen Wechselkurse:

  • Dänische Krone: 1DKK = 0,25 DEM (1 DKK = 0,13 EUR)
  • Schwedische Krone: 1SEK = 0,20 DEM (1 SEK = 0,11 EUR)
  • Finnische Mark: 1FIM = 0,33 DEM (1 EUR = 1 EUR)
  • Estnische Krone: 1 EEK = 0,125 DEM (1 EEK = 0,06 EUR)
  • Lettisches Latt: 1 LVL = 2,70 DEM (1 LVL = 1,54 EUR)
  • Litauischer Lita: 1 LTL = 0,37 DEM (1 LTL = 0,29 EUR)

In Skandinavien akzeptieren akzeptieren etliche Geldautomaten eine ec-Karte. Man kann auch oft mit Kreditkarte zahlen.

Im Baltikum kann man an den zahlreich vorhandenen Geldautomaten in allen kleineren und größeren Städten mit einer EC-Karte (Maestro) problemlos Bargeld abheben, vielerorts ist dies auch mit der Kreditkarte möglich. Weiter Infos bei der Baltischen Tourismus Zentrale.

Roadbook

Die hier angegebenen Orte müßten alle auf größeren Übersichtskarten (1:1000000) zu finden sein.

  • Deutschland
    Hannover - Zug nach Rostock

  • Dänemark
    Gedser - Væggerløse - Stubbekøbing - Klintholm (Møns Klint) - Stege - Præsto - Fakse Ladeplats - Hårlev - Køge - Hedehusene - Lillerød - Humlebæk - Helsingør

  • Schweden
    Helsingborg - Mjöhult - Ängelholm - Båstad - Mellbystrand - Halmstad - Gullbrandstorp - Falkenberg - Glommen- Varberg - Tångaberg - Åsa - Kungsbacka - Billdal - Göteborg - Kungälv - Trollhättan - Vargön - Flo - Såtenäs - Lidköping - Mariestad - Ullervad - Göta Kanal - Halna - Undenäs - Tived - Askersund - Hallsberg - Svennevad - Kilsmo - Hampetorp - Fiskeboda - Hållsta - Åkers styckebruk - Mariefred - Södertälje - Stockholm - S. Ljusterö - (Furusund) - Spillersboda - Kappellskär

  • Åland-Inseln
    Mariehamn - Långnäs - Kumlinge - Vårdö - Prästö - Godby - Mariehamn - Storby - Gölby - Mariehamn

  • Finnland
    Turku/Åbo - Lieto - Paimio - Sauvo - Eknäs - Kimito/Kemiö - Perniö - Karis/Karjaa - Siuntio/Sjundeå - Espoo/Esbo - Helsinki

  • Estland
    Tallinn - Lihula - Vaiste - Pärnu

  • Lettland
    Saulkrasti - Riga - Jurmala - Talsi - Kuldiga - Alsunga - Liepaja

  • Litauen
    Palanga - Klaipeda - Abstecher Kaunas

  • Deutschland
    Neu Mukran - Saßnitz - Zug nach Hannover

Photos und Kartenskizze

Dieser Reisebericht ist sowohl mit eingebundenen Bildern als auch als reines Text-Dokument verfügbar:

Vielen Dank an Rainer Bobsin (freeStyle Hannover) für das Scannen der Photos!


Heiko Purnhagen 23-Feb-1999 / 13-Sep-2009
Carsten Stolzenbach 22-Oct-2003